Internet-Tauschbörse: Herunterladen von Musikdateien macht schadenersatzpflichtig

Das Herunterladen von Musiktiteln über eine Internet-Tauschbörse verpflichtet zum Schadenersatz gegenüber den Rechtsinhabern. Dies bekräftigt der Bundesgerichtshof (BGH) in drei Urteilen. Dabei stellte er klar, dass den ermittelten Inhabern der den jeweiligen IP-Adressen zugewiesenen Internetanschlüssen nicht die theoretische Möglichkeit von Fehlern bei den Ermittlungen zugute gehalten werden kann. Geklagt hatten vier führende deutsche Tonträgerherstellerinnen. Nach den Recherchen des von ihnen beauftragten Softwareunternehmens proMedia wurden an drei Tagen im Jahr 2007 über IP-Adressen eine Vielzahl von Musiktiteln zum Herunterladen verfügbar gemacht. In den daraufhin eingeleiteten Ermittlungsverfahren wurden die drei Beklagten als Inhaber der den jeweiligen IP-Adressen zugewiesenen Internetanschlüsse benannt. Die Klägerinnen sehen hierin eine Verletzung ihrer Tonträgerherstellerrechte und ließen die Beklagten durch Anwaltsschreiben abmahnen. Sie nehmen die Beklagten in verschiedenen Verfahren jeweils auf Schadenersatz in Höhe von insgesamt 3.000 Euro sowie auf Ersatz der Abmahnkosten in Anspruch. Zwei der Beklagten haben die Richtigkeit der Ermittlungen des Softwareunternehmens bestritten. Einer davon behauptete, zum fraglichen Zeitpunkt mit seiner Familie in Urlaub gewesen zu sein. In dem dritten Verfahren räumte die 14-jährige Tochter der Beklagten ein, die Musikdateien heruntergeladen zu haben. Vor dem BGH verfolgten alle Beklagten das Ziel einer vollständigen Abweisung der gegen sie gerichteten Klage. Die Revisionen hatten jedoch keinen Erfolg. Aufgrund der von den Klägerinnen bewiesenen Richtigkeit der Ermittlungen von proMedia und des Internetproviders stehe fest, dass die Musiktitel über die den Beklagten als Anschlussinhabern zugeordneten Internetanschlüsse zum Herunterladen bereitgehalten worden sind, so der BGH. Die theoretische Möglichkeit, dass bei den Ermittlungen von proMedia und des Internetproviders auch Fehler vorkommen können, spreche nicht gegen die Beweiskraft der Ermittlungsergebnisse, wenn im Einzelfall keine konkreten Fehler dargelegt würden, die gegen deren Richtigkeit sprechen. Ein falscher Buchstabe bei der Namenswiedergabe in einer Auskunftstabelle reiche – wie in dem unter I ZR 19/14 geführten Rechtsstreit eingewandt – insoweit nicht.

Im Rechtsstreit I ZR 75/14 sei das Vorbringen des Beklagten, er und seine Familie seien bereits am 18.06.2007 in den Urlaub gefahren und hätten vor Urlaubsantritt sämtliche technischen Geräte, insbesondere Router und Computer vom Stromnetz getrennt, durch die Vernehmung der beiden Söhne des Beklagten und seiner Ehefrau nicht bewiesen worden, so der BGH.

Im Verfahren I ZR 7/14 stehe fest, dass die damals minderjährige Tochter der Beklagten die Verletzungshandlung begangen hat. Die Beklagte sei für den dadurch verursachten Schaden verantwortlich. Zwar genügten Eltern ihrer Aufsichtspflicht über ein normal entwickeltes Kind, das ihre grundlegenden Gebote und Verbote befolgt, regelmäßig bereits dadurch, dass sie das Kind über die Rechtswidrigkeit einer Teilnahme an Internettauschbörsen belehren und ihm eine Teilnahme daran verbieten. Eine Verpflichtung der Eltern, die Nutzung des Internets durch das Kind zu überwachen, den Computer des Kindes zu überprüfen oder dem Kind den Zugang zum Internet (teilweise) zu versperren, bestehe grundsätzlich nicht. Zu derartigen Maßnahmen seien Eltern erst dann verpflichtet, wenn sie konkrete Anhaltspunkte dafür haben, dass das Kind dem Verbot zuwiderhandelt. Das Berufungsgericht habe im Streitfall jedoch nicht feststellen können, dass die Beklagte ihre Tochter entsprechend belehrt hat. Der Umstand, dass sie für ihre Kinder allgemeine Regeln zu einem „ordentlichen Verhalten“ aufgestellt habe, reiche insoweit nicht aus.

Bei der Bemessung des Schadenersatzes in Form der Lizenzanalogie durfte laut BGH von einem Betrag von 200 Euro für jeden der insgesamt 15 in die Schadensberechnung einbezogenen Musiktitel ausgegangen werden. Es bestehe auch ein Anspruch auf Ersatz der Abmahnkosten. Dessen Höhe sei auf der Basis des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes berechnet worden.

Bundesgerichtshof, Urteile vom 11.06.2015, I ZR 19/14 – Tauschbörse I; I ZR 7/14 – Tauschbörse II sowie I ZR 75/14 – Tauschbörse III

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