Wohnungseigentümergemeinschaften können als Verbraucher anzusehen sein. Dies hat der Bundesgerichtshof (BGH) in drei Verfahren entschieden, in denen strittig war, ob eine in einem Gaslieferungsvertrag enthaltene formularmäßige Preisanpassungsklausel, nach der sich der Arbeitspreis für die Lieferung von Gas zu bestimmten Zeitpunkten ausschließlich in Abhängigkeit von der Preisentwicklung für Heizöl ändert, bei ihrer Verwendung gegenüber einer Wohnungseigentümergemeinschaft der Inhaltskontrolle nach § 307 Absatz 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) standhält.
Ähnliche formularmäßig vereinbarte Preisanpassungsklauseln wie die hier verwendete hatte der BGH bereits in früheren Urteilen bei einer Verwendung gegenüber Unternehmern als wirksam erachtet (Urteile vom 14.05.2014, VIII ZR 114/13 und VIII ZR 116/13), bei einer Verwendung gegenüber Verbrauchern jedoch entschieden, dass sie der Inhaltskontrolle nicht standhalten, soweit sie künftige Preisänderungen betreffen (Urteile vom 24.03.2010, VIII ZR 178/08 und VIII ZR 304/08).
In den drei jetzt verhandelten Verfahren haben die Wohnungseigentümergemeinschaften geltend gemacht, dass sie als Verbraucher anzusehen seien. Deswegen sei die Preisanpassungsklausel unwirksam, sodass sie die vom Versorgungsunternehmen verlangten erhöhten Beträge nicht schuldeten beziehungsweise ihnen ein Rückforderungsanspruch zustehe, soweit sie die verlangten Beträge gezahlt hätten. Das Berufungsgericht hatte in allen Verfahren ein wirksames Preisanpassungsrecht bejaht und deshalb zugunsten des Versorgungsunternehmens entschieden.
Der BGH hat die in Literatur und Rechtsprechung umstrittene Frage, ob die Wohnungseigentümergemeinschaft als Verbraucher gemäß § 13 BGB anzusehen ist, nunmehr bejaht. Die Wohnungseigentümergemeinschaft sei im Interesse des Verbraucherschutzes der in ihr zusammengeschlossenen, nicht gewerblich handelnden natürlichen Personen regelmäßig einem Verbraucher gleichzustellen, nämlich immer dann, wenn ihr wenigstens ein Verbraucher angehöre und sie ein Rechtsgeschäft zu einem Zweck abschließe, der weder einer gewerblichen noch einer selbstständigen beruflichen Tätigkeit diene.
Entscheidend sei, dass eine natürliche Person ihre Schutzwürdigkeit als Verbraucher nicht dadurch verliere, dass sie durch den Erwerb von Wohnungseigentum kraft Gesetzes (zwingend) Mitglied einer Wohnungseigentümergemeinschaft wird. Hinzu komme, dass die Wohnungseigentümergemeinschaft beim Abschluss von Rechtsgeschäften mit Dritten in der Regel – und damit auch bei Energielieferungsverträgen, die (wie hier) der Deckung des eigenen Bedarfs dienen – zum Zweck der privaten Vermögensverwaltung ihrer Mitglieder und damit nicht zu gewerblichen Zwecken handele. Dies gelte auch dann, wenn die Wohnungseigentümergemeinschaft bei Vertragsschluss durch eine gewerbliche Hausverwaltung vertreten werde. Denn für die Abgrenzung von unternehmerischem und privatem Handeln im Sinne der §§ 13, 14 BGB komme es im Fall einer Stellvertretung grundsätzlich auf die Person des Vertretenen an.
Bundesgerichtshof, Urteile vom 25.03.2015 VIII ZR 243/13, VIII ZR 360/13 und VIII ZR 109/14
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