Das Sozialgericht (SG) Osnabrück hat im Rahmen eines Verfahrens aus dem Gebiet der gesetzlichen Pflegeversicherung entschieden, dass ein Kind, das seit Geburt unter einer Lippen-Kiefer-Gaumen-Spalte leidet, einen erheblichen Pflegemehrbedarf gegenüber gesunden gleichaltrigen Kindern hat.
Der 2012 geborene Kläger leidet an einer Lippen-Kiefer-Gaumen-Spalte. Nach der Geburt erhielt er eine Trink- sowie eine Gaumenplatte. Seine Mutter beantragte bei der Beklagten ohne Erfolg Pflegeleistungen. Hierzu holte die Beklagte während des Verwaltungsverfahrens Gutachten des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (MDK) ein. Die jeweiligen Gutachter schauten den Kläger nicht selbst an. Sie nahmen keine Erhebungen über die Verrichtungen der Grundpflege vor.
Nach Einholung eines Sachverständigengutachtens durch einen Kinderarzt hat das SG entschieden, dass dem Kläger für die Zeit bis zum Verschluss der Gaumenspalte Leistungen nach der Pflegestufe II, für die Zeit danach nach der Pflegestufe I zu gewähren sind. Zur Begründung hat das Gericht darauf hingewiesen, dass vor Verschluss der Gaumenspalte der Pflegemehrbedarf gegenüber einem gesunden gleichaltrigen Kind bei mindestens zwei Stunden täglich im Wochendurchschnitt im Bereich der Grundpflege bestand. Hierbei hat sich das SG auf das im gerichtlichen Verfahren eingeholte Sachverständigengutachten bezogen. Die Gutachterinnen des MDK hätten Schätzungen vorgenommen, deren Grundlage nicht ersichtlich gewesen sei. Eigene Erhebungen der MDK-Gutachterinnen hätten nicht vorgelegen. Darüber hinaus hat das SG auf die Richtlinien des GKV-Spitzenverbandes zur Begutachtungen von Pflegebedürftigkeit nach dem Elften Buch Sozialgesetzbuch abgestellt. Diese hätten die Gutachterinnen des MDK nicht berücksichtigt. Ferner hat das SG die Angaben des Interdisziplinären Zentrums für Gesichtsfehlbildungen der Medizinischen Hochschule Hannover herangezogen. Danach dauert die Ernährung von Kindern mit Lippen-KieferGaumen-Spalten immer 15 bis 30 Minuten länger als bei Kindern ohne Spaltenbildung.
Sozialgericht Osnabrück, Urteil vom 20.11.2014, S 14 P 41/13, nicht rechtskräftig
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