Stimmzettel für Kommunalwahlen: Aufdruck „Männer und Frauen sind gleichberechtigt“ ist verfassungswidrig

Ein Stimmzettel für Kommunalwahlen darf nicht mit dem Aufdruck „Männer und Frauen sind gleichberechtigt“ versehen sein. Das geht aus einem Beschluss des Verfassungsgerichtshofes (VerfGH) Rheinland-Pfalz hervor. Die Vorschriften des Kommunalwahlgesetzes, die den Aufdruck geschlechterparitätsbezogener Angaben auf den amtlichen Stimmzetteln regeln, seien verfassungswidrig, so der Gerichtshof. Er hat damit seine bereits im vorangegangenen Eilverfahren geäußerte Ansicht bestätigt.

Im Einzelnen sahen die Vorschriften den – textlich der Formulierung des Grundgesetzes entnommenen – Aufdruck „Männer und Frauen sind gleichberechtigt“ vor sowie die Angabe des gegenwärtigen Geschlechteranteils in der Vertretungskörperschaft, ferner die Angabe des Geschlechts der Bewerber jedes Wahlvorschlags und Angaben zum Geschlechteranteil auf dem Wahlvorschlag. Sie sollten der gleichmäßigen Repräsentation von Frauen und Männern in kommunalen Vertretungskörperschaften dienen, nachdem bei den Kommunalwahlen im Jahr 2009 landesweit lediglich 16,8 Prozent der Mandate von Frauen besetzt wurden.

Der VerfGH erklärte die genannten Vorschriften des Kommunalwahlgesetzes für verfassungswidrig und nichtig. Die Vorschriften verletzten den Grundsatz der Freiheit der Wahl. In den Vorgaben zur Gestaltung des Stimmzettels liege eine unzulässige staatliche Einwirkung auf den Inhalt der Wahlentscheidung im Zeitpunkt der Stimmabgabe. Die geschlechterparitätischen Elemente des Stimmzettels entfalteten in ihrem Zusammenwirken einen appellativen Charakter. Der Hinweis auf die Wertung des Artikels 3 Absatz 2 Satz 1 des Grundgesetzes, wonach Männer und Frauen gleichberechtigt sind, gehe über eine neutrale Wiedergabe des Normtextes weit hinaus. Denn schon indem der Gesetzgeber den Normtext aus dem Gesamtzusammenhang der Verfassung herausgreife und ihn auf die Stimmzettel aufdrucken lasse, werde das Gleichberechtigungsgebot in einzigartiger Weise herausgehoben. Der Gesetzgeber verleihe der Bestimmung damit einen besonderen Nachdruck.

Der weitergehende Kontext verstärke diese Wirkung. In Kombination mit dem Abdruck des tatsächlichen Frauenanteils in den kommunalen Vertretungskörperschaften und dem Geschlechteranteil auf dem Wahlvorschlag ergebe sich der an den Wähler gerichtete Appell, bevorzugt Kandidaten desjenigen Geschlechts seine Stimme zu geben, welches unterrepräsentiert erscheine. Auf diese Weise werde aus der Formulierung „Männer und Frauen sind gleichberechtigt“ die Aufforderung, dafür zu sorgen, dass Männer und Frauen gleichberechtigt sind.

Verfassungsgerichtshof Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 13.06.2014,

VGH N 14/14 und VGH B 16/14