Der Schutz vor Sonne auf dem Balkon gehört als sozial übliches Verhalten zum berechtigten Wohngebrauch des Mieters. Ein solcher Schutz kann durch das Aufstellen eines Sonnenschirms nicht ausreichend erreicht werden, sodass ein Anspruch auf Anbringen einer Markise besteht, wie das Amtsgericht (AG) München entschieden hat.
Ein Mieter, dessen Wohnung im dritten Obergeschoss liegt, wollte auf seinem in Richtung Süden weisenden Balkon eine Markise anbringen und bat seine Vermieterin um Zustimmung hierzu. Diese lehnte ab. Würde man einem Mieter das Anbringen einer Markise gestatten, hätten auch die anderen das Recht dazu. Es käme zu einem völlig uneinheitlichen Erscheinungsbild des Hauses. Der Mieter klagte erfolgreich. Das AG München verurteilte die Vermieterin dazu, das Anbringen der Markise zu gestatten. Der Mieter habe ein Recht auf vertragsgemäßen Gebrauch der Mietsache. Die Vermieterin dürfe ihm nicht ohne triftigen, sachbezogenen Grund Einrichtungen versagen, die ihm das Leben in der Mietwohnung angenehmer gestalten könnten, und durch die die Vermieterin nur unerheblich beeinträchtigt und die Mietsache nicht verschlechtert werde.
Der Schutz vor Sonne auf dem Balkon gehöre als sozial übliches Verhalten zum berechtigten Wohngebrauch des Mieters. Ein solcher Schutz könne durch das Aufstellen eines Sonnenschirms auf einem durch den darüber liegenden Balkon überdachten Balkon nicht ausreichend erreicht werden, betont das AG. Denn die Sonne scheine im Tagesverlauf aus unterschiedlichen Richtungen auf den Balkon, und ein Sonnenschirm decke nur den Einfallwinkel von oben und nur einen kleinen Radius ab. Viele Stunden am Tag könnte somit die Sonne ungehindert auf den Balkon scheinen, sodass aus gesundheitlichen Gründen gerade an Tagen, die aufgrund der Wetterlage auf dem Balkon verbracht würden, dieser nicht ausreichend genutzt werden könnte.
Das Aufstellen mehrerer Sonnenschirme sei nicht zumutbar, da damit der ohnehin kleine Raum des Balkons zu sehr verstellt werde. Außerdem sei davon auszugehen, dass das Aufstellen mehrerer Sonnenschirme das Erscheinungsbild der Anlage stärker beeinträchtige als das Anbringen einer Markise. Demgegenüber gewährleiste eine Markise den größtmöglich Schutz gegen die Sonne, ohne die Nutzung des Balkons unzumutbar einzuschränken. Zwar werde eine Markise bei ihrer Anbringung mit der Decke des darüber liegenden Balkons verschraubt und stelle somit eine bauliche Veränderung dar, die der Genehmigung des Vermieters bedürfe. Es stehe jedoch nicht im freien Ermessen des Vermieters, eine solche Genehmigung zu verweigern. Dieser müsse zustimmen, wenn die Beeinträchtigung seines Eigentumsrechts gering sei und demgegenüber der Mieter in seinem üblichen Wohngebrauch zu stark eingeschränkt wäre.
Vorliegend habe der Mieter sich ausdrücklich bereit erklärt, die Markise so zu gestalten, wie die Vermieterin es wünsche. Damit bleibe ein einheitliches Bild der Fassade besser gewahrt, als wenn jeder Mieter ein oder zwei Sonnenschirme von unterschiedlichen Farben auf seinen Balkon aufstelle. Markisen würden in der Regel nicht als optische Beeinträchtigung wahrgenommen, so das AG. Dies gelte insbesondere dann, wenn die Anbringung fachgerecht ausgeführt, auf die Gesamtansicht der Fassade Rücksicht genommen und ein einheitliches Bild geschaffen werde.
Amtsgericht München, Urteil vom 07.06.2013, 411 C 4836/13, rechtskräftig