Ein Unternehmer hat das Recht, sich im Rahmen des Vorsteuerabzugs auch dann auf das Unionsrecht zu berufen, wenn die für einen Umsatz geschuldete Steuer höher ist als nach nationalem Recht. Dies geht aus einem vom Bundesfinanzhof (BFH) entschiedenen Fall hervor, in dem es um die Abgrenzung zwischen Spring- und Schlachtpferden ging. Nach nationalem Recht unterlag die Lieferung aller Pferde dem ermäßigten Steuersatz. Unionsrechtlich ist dies nur für die Lieferung der zum Verzehr bestimmten Schlachtpferde, nicht aber auch für Springpferde zulässig.
Im Streitfall hatte der Kläger ein Springpferd erworben, das er als Unternehmer für sein Gestüt verwendete. Der Verkäufer hatte hierfür Umsatzsteuer nach dem Regelsteuersatz berechnet. Das Finanzamt beanstandete den Vorsteuerabzug beim Kläger, da nur die gesetzlich geschuldete Steuer zum Vorsteuerabzug berechtige. Die gesetzlich geschuldete Steuer bestimme sich nach nationalem Recht. Danach unterliege die Lieferung aller Pferde dem ermäßigten Steuersatz. Eine Berufung auf das Unionsrecht komme nicht in Betracht, da dieses für die Lieferung des Pferdes zu einer höheren Steuer führe und daher nicht günstiger sei. Dieser Auffassung war auch das Finanzgericht. Der BFH ist dem entgegen getreten. Nach dem sogenannten Anwendungsvorrang sei Unionsrecht anzuwenden, wenn es – wie im Streitfall – für den jeweiligen Unternehmer vorteilhafter ist. Für den Kläger als Abnehmer des Springpferdes sei es günstiger, den Vorsteuerabzug nach dem höheren Regelsteuersatz in Anspruch zu nehmen, statt zum Vorsteuerabzug nur im Umfang des ermäßigten Steuersatzes berechtigt zu sein und den steuerlichen Differenzbetrag vom Verkäufer zurück-
fordern zu müssen. Daher könne der Kläger geltend machen, dass sich die gesetzlich geschuldete Steuer nach dem Unionsrecht bestimmt. Es komme demgegenüber nicht darauf an, ob das nationale Recht auch für den Verkäufer vorteilhafter sei als das Unionsrecht. Bundesfinanzhof, Urteil vom 24.10.2013, V R 17/13
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