Seit Neujahr 2009 wirkt die Erbschaftsteuerreform schon, sowohl bei Geschenken unter Lebenden als auch bei Nachlassen anlässlich eines Todesfalls. Die geänderten Vorschriften beinhalten grundsätzlich zwei wesentliche Punkte: Durch die Bewertung auf Marktniveau erhöht sich die Bemessungsgrundlage für verschenkte oder vererbte Immobilien, landwirtschaftliche Flächen, Unternehmen und Anteile an Gesellschaften. Dafür gibt es für Kinder mit 400.000 Euro und für Enkel mit 200.000 Euro deutlich anziehende persönliche Freibeträge, die alle zehn Jahre nutzbar sind. Durch diesen neuen Freiraum muss sich der preisliche Anstieg bei der Steuerlast gar nicht auswirken oder bringt im Ergebnis sogar eine Entlastung. Für nahe Verwandte bleiben zudem die Steuersätze gleich, die einzelnen Tarifstufen werden nur leicht aufgerundet.
Die übrige Verwandtschaft hingegen muss bei Mini-Freibeträgen von 20.000 Euro mit steigenden Steuersätzen von bis zu 50 Prozent kalkulieren. Hier bringt die Reform durch höhere Bewertungsansätze und Tarife also gleich zwei Nachteile auf einmal. Das gilt für Cousin oder Lebenspartner genauso wie für Bruder oder Nichte, die immerhin bis zu 43 Prozent des erhaltenen Vermögens gleich an den Fiskus abführen können.
Vermacht beispielsweise der Verstorbene seinem Kind Barvermögen von 400.000 Euro, löst das keine Abgaben aus. Handelt es sich hingegen um seinen Neffen, unterliegen (400.000 – 20.000) 380.000 Euro einem Steuersatz von 25 Prozent. Bei dieser drohenden Belastung ist es kaum verwunderlich, dass sich einige kinderlose Vermögende über die Adoption eines entfernten Verwandten Gedanken machen und über die Regularien informieren. Das gilt derzeit als eine legale Auswegstrategie bei der Erbschaftsteuer, und die Vormundschaftsgerichte haben eine Reihe von Anträgen vorliegen.
Doch hier ist Vorsicht angesagt, damit das ganze behördliche Verfahren nicht umsonst in die Wege geleitet wird. Es kommt nämlich nicht zur erwünschten Adoption mit Steuerminderungspotential, wenn der Antrag vorwiegend mit dem Motiv der Steuerersparnis begründet wird. Das reicht nicht aus, um neue verwandtschaftliche Bindungen zu knüpfen. Ein volljähriges Kind kann nicht allein aus dem Grund adoptiert werden, um Steuern zu sparen, hierzu muss eine sittliche Rechtfertigung bestehen. Das hat das Oberlandesgerichts München so entschieden (Az. 31 Wx 49/08). Ein steuerliches Motiv ist zwar grundsätzlich nicht schädlich, es darf aber nur einen – eher zufälligen – Nebenerfolg zu den eigentlichen familienbezogenen Absichten darstellen. Sofern die Adoption gelingt – einfacher bei Minderjährigen –, stehen die leiblichen Eltern übrigens nicht schlechter da als vorher. Für sie bleibt die günstige Steuerklasse erhalten. Die kommt dann beispielsweise zum Tragen, wenn die leiblichen Eltern ihrem Sprössling, der adoptiert wurde, später auch etwas Gutes tun wollen.
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