Reisemangel: kein Schadenersatz bei höherer Gewalt

Ein Reisender kann wegen einer mangelhaften Reise auch Schadenersatz verlangen. Dabei wird das Verschulden des Reiseveranstalters grundsätzlich vermutet. Flugausfälle wegen einer Vulkanaschewolke beruhen allerdings auf höherer Gewalt, für die der Veranstalter nicht

verantwortlich gemacht werden kann. Dies stellt das Amtsgericht (AG) München aktuell klar.

Der Kläger buchte bei einem Reiseunternehmen eine einwöchige Pauschalreise nach Kenia. Der für Mitte April 2010 geplante Rückflug wurde infolge der Vulkanaschewolke des Eyjafjallajökull abgesagt. Weil der Kläger erst sieben Tage später den Nachhauseweg antreten konnte, machte er gegenüber dem Reiseunternehmen die zusätzlichen Unterbringungskosten in Höhe von 180 Euro, Verdienstausfall in Höhe von 583 Euro sowie Telefonkosten in Höhe von rund 160 Euro geltend. Das Reiseunternehmen weigerte sich zu zahlen. Die auf Zahlung gerichtete Klage blieb erfolglos.

Dem Kläger stehe kein Schadenersatzanspruch gegen den Reiseveranstalter zu, so das AG. Zwar könne ein Reisender wegen einer mangelhaften Reise Schadenersatz verlangen. Dabei werde das Verschulden des Reiseunternehmens auch grundsätzlich vermutet. Allerdings könne im vorliegenden Fall als gerichtsbekannt zugrunde gelegt werden, dass der Flugverkehr im maßgeblichen Zeitraum aufgrund der Vulkanaschewolke gesperrt war und grundsätzlich keine Flüge stattfanden. Ein derartiges von außen kommendes Ereignis, das keinen betrieblichen Zusammenhang aufweise, nicht vorhersehbar und auch durch äußerste vernünftigerweise zu erwartende Sorgfalt nicht abwendbar sei, führe nicht zu einer Haftung des Beklagten. Es handele sich vielmehr um höhere Gewalt, für die dieser nicht verantwortlich gemacht werden könne, betont das Gericht.

Amtsgericht München, Urteil vom 18.08.2011, 222 C 10835/11, rechtskräftig

Wer seinen Autoschlüssel an der Arbeitsstelle unbeaufsichtigt lässt, riskiert bei Wegnahme und Beschädigung des Fahrzeugs eine erhebliche Kürzung der Versicherungsleistung. Dies bekam die Mitarbeiterin eines Seniorenheimes zu spüren, die ihren Autoschlüssel in einem unverschlossenen Raum in einem Korb zurückgelassen hatte, obwohl ein abschließbarer Spind und ein abschließbarer Raum zur Verfügung standen. Das Oberlandesgericht (OLG) Koblenz entschied, dass die Teilkaskoversicherung nur einen Teil des durch den Fahrzeugdiebstahl entstandenen Schadens ersetzen muss. Das Verhalten der Mitarbeiterin sei grob fahrlässig gewesen und rechtfertige auch bei einem abendlichen Diebstahl um 21.00 Uhr eine Kürzung der Versicherungsleistung um 50 Prozent.

Die Klägerin begehrte von ihrer Teilkaskoversicherung Schadenersatz wegen der Wegnahme und Beschädigung ihres Fahrzeugs. An einem Abend im April 2010 hatte sie ihr Auto auf dem Parkplatz ihrer Arbeitsstelle, einem Seniorenheim, geparkt. Die Fahrzeugschlüssel legte sie in einen Korb, den sie in einem nicht abgeschlossenen Aufenthaltsraum im zweiten Stock abgestellt hatte. Gegen 20.50 Uhr begab sie sich zu einer Station in einem anderen Stockwerk. Nach 21.00 Uhr wurde ihr Auto mit ihrem Schlüssel entwendet und etwas später in erheblich beschädigtem Zustand aufgefunden. Den Schaden in Höhe von rund 7.000 Euro verlangte die Klägerin von der Versicherung ersetzt, die im Laufe des Prozesses aber nur die Hälfte des Betrages zahlte.

Das Landgericht Koblenz stellte in erster Instanz ein grob fahrlässiges Verhalten der Klägerin fest und hielt eine Kürzung der Versicherungsleistung um 50 Prozent für gerechtfertigt. Diese Einschätzung teilt auch das OLG. Die Klägerin habe die erforderliche Sorgfalt in hohem Maße außer Acht gelassen, indem sie naheliegende Möglichkeiten nicht genutzt habe, ihren Autoschlüssel sorgfältig aufzubewahren und dem Zugriff Dritter zu entziehen. Sie habe nicht beachtet, was unter den gegebenen Umständen jedem hätte einleuchten müssen. Auch der Umstand, dass es bereits Abend und damit keine offizielle Besuchszeit mehr war, führt nach Ansicht des OLG zu keiner anderen Einschätzung. Denn die Klägerin habe gewusst, dass die Eingangstür bis mindestens 21.00 Uhr geöffnet war und daher Bewohner oder Besucher noch freien Zugriff auf den Schlüssel im unverschlossenen Raum hatten. Zudem hätte sie einfache Möglichkeiten gehabt, mit wenig Aufwand eine sichere Verwahrung des Schlüssels zu gewährleisten, nämlich im Spind oder einem abschließbaren Raum.

Oberlandesgericht    Koblenz,    Beschlüsse    vom    14.05.2012    und

09.07.2012, 10 U 1292/11