Nach der Abgabenordnung gibt es ein strenges Steuergeheimnis. Dieses dient dem privaten Geheimhaltungsinteresse der Steuerzahler und verfolgt zugleich den Zweck, durch besonderen Schutz des Vertrauens in die Amtsverschwiegenheit die Bereitschaft zur Offenlegung steuer-
licher Sachverhalte zu fördern, die Steuerquellen vollständig zu erfassen und eine gesetzmäßige und dabei insbesondere auch eine gleichmäßige Besteuerung sicherzustellen.
Eine Ausnahme hiervon gibt es jedoch, wenn ein zwingendes öffentliches Interesse daran besteht, dass steuerliche Sachverhalte an andere übermittelt werden dürfen. Das Bundesfinanzministerium hat jetzt in einem Schreiben dargelegt, wann ein solches zwingendes öffentliches Interesse an der Übermittlung von Daten oder persönlichen Sachverhalten bestehen kann (Az. IV A 3 – S 0130/08/10006). Das kann beispielsweise vorliegen, wenn die mitteilende Stelle zur Überzeugung gelangt ist, dass ein schweres Dienstvergehen vorliegt, der Sachverhalt mithin nach ihrer Auffassung geeignet erscheint, eine im Disziplinarverfahren zu verhängende Maßnahme von Gewicht sein könnte. Das ist grundsätzlich bei einer Zurückstufung oder die Entfernung aus dem Dienst der Fall. Dienstvergehen von Beamten werden im Disziplinarverfahren geahndet, was im Beamtenstatus- und Bundesbeamtengesetz geregelt ist.
Ein relevanter Verstoß gegen Dienstpflichten und damit ein zwingendes öffentliches Interesse an einer Datenübermittlung kann auch darin liegen, dass ein mögliches oder bereits ermitteltes Delikt das Ansehen und die Funktionsfähigkeit des Beamtentums nachhaltig schädigen könnte. Dies hatte bereits das Bundesverwaltungsgericht in seinem Beschluss vom 5. März 2010 klargestellt (Az. 2 B 22/09). Dies kann der Fall sein, wenn der Kernbereich der dienstlichen Pflichten betroffen ist oder wenn es um Bereiche der öffentlichen Verwaltung geht, die für das Vertrauen der Öffentlichkeit in die Integrität der Verwaltung von besonders hoher Bedeutung sind. Das gilt insbesondere für die Finanzverwaltung.
Für diese Prüfung sind nicht allein der Umfang der Steuerhinterziehung wie die Höhe der verkürzten Steuern, sondern auch Art und Dauer der Straftaten zu berücksichtigen. Ein zwingendes öffentliches Interesse kann beispielsweise auch bei einem geringen Steuerausfallschaden dann vorliegen, wenn die Steuerhinterziehung durch Beamte der Finanzverwaltung begangen und von weiteren Delikten, insbesondere von geschäftsmäßiger Hilfeleistung in Steuersachen, begleitet wird, die über einen längeren Zeitraum begangen wurden. Daher ist in Hinsicht auf eine Durchbrechung des Steuergeheimnisses zu prüfen, ob ein schweres Dienstvergehen vorliegt. Ist dies zur Überzeugung der mitteilenden Dienstbehörde nicht der Fall, ist eine Offenbarung von in einem Steuerverfahren bekannt gewordenen Daten nicht zulässig, so der Erlass des Bundesfinanzministeriums abschließend.
Die Deutsche Steuer-Gewerkschaft (DSTG) ist dem Vorschlag des baden-württembergischen SPD-Fraktionsvorsitzenden Claus Schmiedel, eine zentral von Berlin aus dirigierte Bundessteuerverwaltung einzuführen, entgegengetreten.
DSTG-Bundesvorsitzender Thomas Eigenthaler weist darauf hin, dass dieser Vorschlag keinesfalls neu und bereits vor Jahren nach der Föderalismusreform II schnell zu den Akten gelegt worden sei. Die dafür notwendige Zweidrittelmehrheit im Bundestag und Bundesrat sei nicht einmal im Ansatz zu erkennen gewesen, so der DSTG-Chef. Eigenthaler betont, dass sich die damals erhofften Mehrsteuern und Effizienzgewinne schnell als Wunschdenken und bürokratische Planspiele erwiesen hätten. Ein wahrer Effizienzgewinn ergibt sich nach Ansicht Eigenthalers nur durch eine grundlegende Steuervereinfachung und eine gut ausgestattete Steuerverwaltung. Ob ein Steuerbescheid den Bundesadler oder ein Landeswappen trage, sei dagegen ohne Bedeutung.
Deutsche Steuer-Gewerkschaft, PM vom 06.05.2012
