Behinderter Beamten-Bewerber: Darf nach seiner gesundheitlichen Eignung gefragt werden

Erhebt das Zollamt bei der Zollabfertigung zu geringe Einfuhrabgaben, weil es Daten falsch in das EDV-System eingibt, so kann es die noch ausstehenden weiteren Einfuhrabgaben nicht nacherheben. Das Finanzgericht (FG) Hamburg betont, dass der Bürger insoweit Vertrauensschutz genieße. Er müsse die zollrechtlichen Bestimmungen nicht besser kennen als die Zollbeamten und dürfe auf deren Angaben vertrauen.

Der Kläger hatte über das Internet einen Blu-ray-Player zum Preis von rund 500 Euro bestellt. Bei Abholung des Gerätes beim Zollamt meldete er die Einfuhr ordnungsgemäß an. Der diensthabende Zollbeamte besprach sich mit einem Kollegen, gab die Daten in das EDV-System ein und setze gegenüber dem Kläger in einem mehrseitigen Einfuhrabgabenbescheid Abgaben in Höhe von rund 89 Euro fest. Der Kläger zahlte diesen Betrag und verließ das Zollamt mit seinem Bluray-Player. Erst jetzt bemerkten die Zollbeamten, dass ihnen bei der Eingabe der Daten in das EDV-System ein Fehler unterlaufen war und dass sie gegenüber dem Kläger zu geringe Einfuhrabgaben berechnet hatten. Das Zollamt erhob deshalb vom Kläger Einfuhrabgaben in Höhe von weiteren etwa 77 Euro nach. Schließlich hätte der Kläger den Fehler bei der Berechnung der Einfuhrabgaben durch schlichtes Nachlesen der einschlägigen Gesetzesvorschriften bemerken können. Auf Vertrauensschutz könne er sich deshalb nicht berufen, so das Amt.

Dem ist das FG entgegengetreten. Der in zollrechtlichen Angelegenheiten unerfahrene Kläger habe darauf vertrauen dürfen, dass die Zollbeamten über die erforderliche Sachkunde verfügen. Es sei lebensfremd und von ihm nicht zu verlangen, sich während der nur etwa 15 Minuten dauernden Zollabfertigung über die zutreffende Höhe der Einfuhrabgaben zu informieren. Abgesehen davon, dass die zollrechtlichen Bestimmungen dem Kläger im Zeitpunkt der Zollabfertigung nicht zur Verfügung gestanden hätten, könne vom Bürger nicht erwartet werde, dass er sich in den zollrechtlichen Bestimmungen, die nicht nur unübersichtlich und schwer verständlich seien, sondern jedes Jahr auch mehrere Tausend Seiten umfassten, besser auskenne als der Zoll.

Finanzgericht Hamburg, Urteil vom 03.05.2011, 4 K 63/11

Wer in der Vergangenheit alkoholabhängig gewesen ist und nicht nachgewiesen hat, dass er nach einer erfolgreichen Entwöhnungsbehandlung ein Jahr Alkoholabstinenz eingehalten hat, ist ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen. Die zuständige Fahrerlaubnisbehörde ist berechtigt, den Führerschein mit sofortiger Wirkung zu entziehen. Dies hat das Verwaltungsgericht Trier entschieden. Es lehnte damit den Eilantrag eines Fahrerlaubnisinhabers gegen eine für sofort vollziehbar erklärte Führerscheinentziehung ab. Zur Begründung wiesen die Richter darauf hin, dass es aus Gründen der Verkehrssicherheit erforderlich sei, das Führen von Kraftfahrzeugen in diesen Fällen mit sofortiger Wirkung zu unterbinden. Denn ohne den Nachweis einer erfolgreichen Entwöhnungsbehandlung und einer einjährigen Alkoholabstinenz könne nicht davon ausgegangen werden, dass die Alkoholabhängigkeit überwunden sei. Deshalb müsse der betreffende Fahrerlaubnisinhaber im überwiegenden Interesse der Allgemeinheit am Schutz von Leib und Leben vom Straßenverkehr ferngehalten werden. Dies gelte selbst dann, wenn es vor der Entziehung der Fahrerlaubnis zu keinen Auffälligkeiten im Straßenverkehr gekommen sei.

Verwaltungsgericht Trier, Beschluss vom 12.05.2011, 1 L 557/11.TR

Mit einem sogenannten Feuerwehrführerschein soll dem Mangel an Fahrern für Rettungsfahrzeuge entgegengewirkt werden. Der Bundesrat hat am 27.05.2011 eine entsprechende Änderung des Straßenverkehrsrechts gebilligt. Durch das Gesetz können die Landesregierungen künftig Angehörigen der Freiwilligen Feuerwehren, der Rettungsdienste, des Technischen Hilfswerks und sonstiger Einheiten des Katastrophenschutzes spezielle Fahrberechtigungen für Einsatzfahrzeuge bis 7,5 Tonnen Gesamtmasse erteilen.

Voraussetzung ist, dass der Fahrer mindestens seit zwei Jahren eine Fahrerlaubnis der Klasse B besitzt, in das Führen von Einsatzfahrzeugen eingewiesen wurde und seine Befähigung in einer praktischen Prüfung nachgewiesen hat. Einweisung und Prüfung können Fahrlehrer oder die betroffenen Organisationen selbst durchführen.

Hintergrund der Neuregelung ist, dass den Rettungsorganisationen immer weniger Fahrer für Einsatzfahrzeuge zur Verfügung stehen, da seit 1999 mit einer Fahrerlaubnis der Klasse B nur noch Kraftfahrzeuge bis zu einer zulässigen Gesamtmasse von 3,5 Tonnen gefahren werden dürfen. Bundesrat, PM vom 27.05.2011

Das Oberlandesgericht (OLG) Düsseldorf hält die im Gesetz vorgesehene Verzinsung einer Kartell-Geldbuße für verfassungswidrig. Sie verstoße gegen den allgemeinen Gleichheitsgrundsatz. Jetzt soll das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) entscheiden. Hintergrund: Das Bundeskartellamt hatte im Jahr 2005 gegen 16

Versicherungsunternehmen sowie deren Vorstände und einige leitende Mitarbeiter wegen unzulässiger Kartellabsprachen Bußgelder in Höhe von rund 150 Millionen Euro verhängt. Gegen die hier betroffene Versicherung war ein Bußgeld in Höhe von sechs Millionen Euro verhängt worden. Die Versicherungsunternehmen hatten zwischen Juli 1999 und März 2003 wettbewerbsbeschränkende Absprachen für die Versicherungssparten der industriellen Sachversicherungen und Transportversicherungen getroffen. Nachdem das Unternehmen zunächst Einspruch gegen die Bescheide des Bundeskartellamtes eingelegt und das Bußgeldverfahren vor dem OLG begonnen hatte, hat der Versicherer im Jahr 2009 seinen Einspruch zurückgenommen. Nachdem er die festgesetzte Geldbuße gezahlt hatte, forderte das Bundeskartellamt von ihm für die Zeit von April 2005 bis Juli 2009 zusätzlich Zinsen in Höhe von 1,7 Millionen Euro. Die Behörde berief sich auf eine Vorschrift im Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen, nach der in einem Kartell-Bußgeldbescheid festgesetzte Geldbußen gegen juristische Personen und Personenvereinigungen zwei Wochen nach Zustellung des Bußgeldbescheides zu verzinsen sind. Mit dieser Zinsregelung soll vermieden werden, dass Einsprüche nur deshalb eingelegt werden, um die Zahlung einer Geldbuße zu verzögern und sich so einen ungerechtfertigten Zinsvorteil zu verschaffen. Das OLG hält die Zinsbestimmung für verfassungswidrig und sieht

einen Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitsgrundsatz des Grundgesetzes. Denn die Zinspflicht greife nur für Bußgelder in Kartell-Bußgeldverfahren. Geldbußen aus anderen Rechtsbereichen, etwa dem Straßenverkehrs-, Umwelt- oder Datenschutzrecht, würden nicht verzinst. Ferner gelte die Zinspflicht nur für juristische Personen. Einzelkaufleute sowie handelnde Personen, zum Beispiel Vorstände und Geschäftsführer, müssten keine Zinsen auf verhängte Bußgelder zahlen.

Darüber hinaus sei eine Verzinsung nur dann vorgesehen, wenn die Kartell-Geldbuße in einem Bußgeldbescheid festgesetzt werde. Werde ein Unternehmen durch ein gerichtliches Urteil zu einer Geldbuße verurteilt, entfalle sie. So werde auch der Gesetzeszweck verfehlt, weil die geltende Regelung einen Bußgeldschuldner geradezu auffordere, Einspruch einzulegen, um sich dann durch ein gerichtliches Urteil – zinsfrei – zu einer Geldbuße verurteilen zu lassen. Laut OLG sind vor dem Gericht parallel gelagerte Verfahren anhängig, in denen das Bundeskartellamt gegen weitere 14 Industrieversicherer Zinsen in Höhe von insgesamt mehr als 25 Millionen Euro festgesetzt hat. Diese Verfahren seien bis zur Entscheidung des BVerfG zunächst ausgesetzt worden. Oberlandesgericht Düsseldorf, PM vom 07.06.2011