Baulärm kann zu Mietminderung berechtigen

Von einem Nachbargrundstück ausgehende Bauimmissionen, die über das hinausgehen, was in einer Großstadt üblich ist, können für die Dauer der Baumaßnahmen ein Recht auf Mietminderung begründen, wie das Landgericht (LG) Berlin für eine in Berlin-Mitte gelegene Wohnung entschieden hat. Die Revision wurde nicht zugelassen. Die Klägerin hatte im Jahr 2000 eine Wohnung in Berlin-Mitte angemietet. Zu jener Zeit war in der Nachbarschaft eine mit Bäumen bewachsene Baulücke vorhanden gewesen. Zwischen 2013 und 2015 wurden auf diesem Grundstück eine Tiefgarage und ein Gebäude errichtet und dadurch erhebliche Bauimmissionen verursacht. Die Mieterin verlangte nunmehr mit ihrer Klage knapp 950 Euro – entsprechend gut 20 Prozent der bereits an die Vermieterin gezahlten vollen Miete für die Monate Juni 2014 bis März 2015 – zurück. Damit hatte sie in zweiter Instanz Erfolg. Die Klägerin habe die Miete in der entsprechenden Höhe mindern dürfen, so das LG Berlin. Bei Vertragsschluss hätten die Mietvertragsparteien stillschweigend vereinbart, dass die Wohnung den üblichen Mindeststandard, der auch ein gesundheitlich unbedenkliches Wohnen gewährleiste, einhalte. Zwar seien gerade in Großstädten Baumaßnahmen nicht unüblich. Doch selbst in Berlin sei die ganz überwiegende Mehrzahl der Mietwohnungen von solchen Beeinträchtigungen nicht betroffen. Der mithin konkludent vereinbarte Standard sei während der Bauphase bei Weitem unterschritten worden. Auch der Umstand, dass der Vermieter über keine rechtlichen Möglichkeiten verfüge, die Beeinträchtigungen abzuwehren oder von dem Nachbarn eine Entschädigung zu verlangen, ändere nichts.

Der Klägerin könne auch nicht vorgeworfen werden, sie habe die Möglichkeit der Bauimmissionen grob fahrlässiger übersehen und deshalb das Recht zur Minderung verloren. Zwar sei bei Mietvertragsschluss die Baulücke vorhanden gewesen. Wenn die Klägerin damals an eine spätere Bebauung nicht gedacht habe, so könne ihr allenfalls einfache Fahrlässigkeit vorgeworfen werden. Dies reiche für einen Gewährleistungsausschluss aber nicht aus.

Landgericht Berlin, Urteil vom 16.06.2016, 67 S 76/16