Bemerkungen im Abiturzeugnis über Notenschutz für Legastheniker (etwa die Nichtbewertung von Rechtschreibleistungen) sind unzulässig. Dies stellt der Bayerische Verwaltungsgerichtshof (BayVGH) in zwei Verfahren klar. Die Revision wurde zugelassen.
Hintergrund: Beim so genannten Notenschutz werden – im Gegensatz zum bloßen Nachteilsausgleich, etwa durch Verlängerung der Bearbeitungszeit zum Ausgleich einer Behinderung – an den Legastheniker geringere Leistungsanforderungen als an die übrigen Schüler gestellt, zum Beispiel, indem Rechtschreibfehler nicht in die Bewertung einfließen. Zwei Abiturienten, denen fachärztlich „Legasthenie“ attestiert worden war, hatten gegen in ihren Abiturzeugnissen enthaltene Bemerkungen, nach denen unter anderem Rechtschreibfehler nicht bewertet wurden, geklagt. Vor dem Verwaltungsgericht hatten sie keinen Erfolg. Nach Auffassung des BayVGH fehlt es an einer gesetzlichen Grundlage für Bemerkungen über Notenschutz für Legastheniker im Abiturzeugnis. Über die Zulässigkeit von Maßnahmen des Notenschutzes einschließlich ihrer Folgen – etwa in Bezug auf das auszustellende Zeugnis – habe im Wesentlichen der parlamentarische Gesetzgeber zu entscheiden. Dies gelte jedenfalls bei schulischen Abschlussprüfungen, die für den beruflichen Werdegang bedeutsam seien. Denn wegen der mit Maßnahmen des Notenschutzes verbundenen Abweichungen von den allgemein geltenden Leistungsanforderungen sei der aus den Grundrechten auf Gleichbehandlung und Berufsfreiheit folgende Anspruch aller Prüflinge auf Chancengleichheit in erheblicher Weise betroffen. Maßnahmen des Notenschutzes in der Schule sehe der Gesetzgeber in Bayern gegenwärtig nicht vor. Sie seien – ebenso wie entsprechende Zeugnisbemerkungen – deshalb rechtlich unzulässig, solange der Gesetzgeber im Rahmen seiner Gestaltungsfreiheit hierfür keine gesetzliche Grundlage geschaffen habe.
Bayerischer Verwaltungsgerichtshof, Urteile vom 28.05.2014, 7 B
14.22 und 7 B 14.23
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