Beim Erwerb preisgebundener Bücher dürfen Gutscheine nur verrechnet werden, wenn dem Buchhändler schon bei Abgabe der Gutscheine eine entsprechende Gegenleistung zugeflossen ist. Ansonsten liege ein Verstoß gegen die Buchpreisbindung vor, so der Bundesgerichtshof (BGH). Unter diesem Aspekt sei eine Werbeaktion des Onlinehändlers Amazon unzulässig, entschied er auf eine Klage des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels.
Die Beklagte verkauft über ihre Website www.amazon.de in Deutschland preisgebundene Bücher. Über ihr so genanntes Trade-in-Programm können Kunden gebrauchte Bücher verkaufen. Bei einer um die Jahreswende 2011/2012 durchgeführten Werbeaktion erhielten Kunden, die mindestens zwei Bücher gleichzeitig zum Ankauf eingereicht hatten, zusätzlich zum Ankaufspreis einen Gutschein über fünf Euro auf ihrem Kundenkonto gutgeschrieben. Dieser Gutschein konnte zum Erwerb beliebiger Produkte bei der Beklagten eingesetzt werden. Dazu zählte auch der Kauf neuer Bücher.
Der Kläger sieht in der Anrechnung der Gutscheine auf den Kauf preisgebundener Bücher einen Verstoß gegen die Buchpreisbindung. Das Landgericht hat die gegen Amazon gerichtete Unterlassungsklage abgewiesen. Das Oberlandesgericht hat ihr stattgegeben, weil die Beklagte gegen §§ 3, 5 BuchPrG (Gesetz über die Preisbindung für Bücher) verstoßen habe. Die Revision der Beklagten hatte keinen Erfolg. Die Beklagte habe mit der beanstandeten Werbeaktion § 3 BuchPrG verletzt, weil sie Gutscheine, die zum Erwerb preisgebundener Bücher eingesetzt werden konnten, an Letztverbraucher ausgegeben habe, ohne dass ihr dafür eine entsprechende Gegenleistung der Kunden zugeflossen sei, so der BGH.
Der Zweck der Buchpreisbindung bestehe darin, durch Festsetzung verbindlicher Preise beim Verkauf an Letztabnehmer ein umfangreiches, der breiten Öffentlichkeit zugängliches Buchangebot in einer großen Zahl von Verkaufsstellen zu sichern. Preisbindungsrechtlich zulässig seien Geschenkgutscheine, die Buchhandlungen verkaufen, und mit denen die Beschenkten Bücher erwerben können. In diesem Fall erhalte der Buchhändler durch den Gutscheinverkauf und eine eventuelle Zuzahlung des Beschenkten insgesamt den gebundenen Verkaufspreis für das Buch. Ein Verstoß gegen die Buchpreisbindung liege dagegen vor, wenn ein Händler beim An- oder Verkauf von Waren für den Kunden kostenlose Gutscheine ausgibt, die zum Erwerb preisgebundener Bücher benutzt werden können. Der Buchhändler erhalte dann im Ergebnis für das Buch ein geringeres Entgelt als den gebundenen Preis. Unerheblich sei, dass Gutscheinausgabe und Buchverkauf zwei selbst-
ständige Rechtsgeschäfte darstellen und ein Bezug zwischen ihnen erst durch die Kaufentscheidung des Kunden hergestellt wird.
Bezugspunkt für die Prüfung eines Verstoßes gegen die Preisbindung ist laut BGH danach, ob das Vermögen des Buchhändlers beim Verkauf neuer Bücher in Höhe des gebundenen Preises vermehrt wird. Daran fehle es im Streitfall. Die Beklagte werde zwar durch den Kauf eines preisgebundenen Buches unter Anrechnung des Gutscheins von der Verpflichtung befreit, die sie gegenüber dem Kunden mit dem Gutschein beim Ankauf eines Buchs übernommen hat. Sie erhalte aber für den Verkauf des preisgebundenen Buches insgesamt nicht den gebundenen Preis, wenn ihr für den Gutschein keine entsprechende Gegenleistung zugeflossen sei.
Bundesgerichtshof, Urteil vom 23.07.2015 – I ZR 83/14 – Gutscheinaktion beim Buchankauf
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