Kosten für die behinderungsbedingte Unterbringung in einer sozialtherapeutischen Einrichtung können außergewöhnliche Belastungen sein. Dies hat der Bundesfinanzhof (BFH) entschieden. Sei das Finanzgericht (FG) aufgrund eines von einem fachkundigen Arzt erstellten Gutachtens von der Notwendigkeit der Unterbringung überzeugt, bedürfe es zudem keines amtsärztlichen Attestes, fügte der BFH hinzu. Der Kläger lebt seit 1977 in einer sozialtherapeutischen Einrichtung für geistig behinderte Menschen. Durch seine Arbeit in den sozialtherapeutischen Werkstätten dieser Einrichtung bezog er Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit. Daneben erzielte er Einkünfte aus Rentenbezügen, Gewerbebetrieb und Kapitalvermögen. In seiner Einkommensteuererklärung machte er die Kosten der Heimunterbringung in Höhe von 20.420 Euro als außergewöhnliche Belastung geltend. Das beklagte Finanzamt lehnte dies ab, weil der Kläger seine Pflegebedürftigkeit nicht hinreichend nachgewiesen habe. Es existierte lediglich ein auf Anforderung des Amtsgerichts im Betreuungsverfahren erstelltes „nervenärztliches Gutachten“ eines Arztes für Neurologie, Psychiatrie und Psychotherapie. Hierin stand unter anderem, dass der Kläger geistig und seelisch behindert und deswegen auf die Hilfe von Betreuern und auf ein förderndes und stabiles Umfeld angewiesen sei. Seine seelisch-geistige Behinderung werde lebenslang bestehen. Weitere Hilfsmöglichkeiten, die eine Betreuung ganz oder teilweise entbehrlich machten, bestünden nicht, so das Gutachten. Das vom Kläger angerufene FG berücksichtigte die streitigen Heimunterbringungskosten als außergewöhnliche Belastung. Der BFH sieht dies genauso. Er meint, die Aufwendungen des Klägers seien als Krankheitskosten abziehbar. Das FG habe unter Bezugnahme auf das im Rahmen des Betreuungsverfahrens vorgelegte ärztliche Gutachten für das Revisionsgericht bindend festgestellt, dass der Kläger krankheitsbedingt im Heim untergebracht gewesen sei. Das FG habe zu Recht kein amtsärztliches Attest verlangt, so der BFH. Dem Abzug der Kosten stehe auch nicht entgegen, dass dem Kläger keine Pflegekosten in Rechnung gestellt worden seien.
Bundesfinanzhof, Urteil vom 09.12.2010, VI R 14/09
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