Besitzeinweisung: Wegen versagten Eilrechtsschutzes eingelegte Verfassungsbeschwerde erfolgreich

Droht bei Versagung des einstweiligen Rechtsschutzes eine erhebliche Grundrechtsverletzung, die durch eine stattgebende Entscheidung in der Hauptsache nicht mehr beseitigt werden kann, so darf sich das Fachgericht im Eilverfahren grundsätzlich nicht auf eine bloße Folgenabwägung der widerstreitenden Interessen beschränken. Das Gebot effektiven Rechtsschutzes erfordert dann vielmehr regelmäßig eine über die sonst übliche, bloß summarische Prüfung des geltend gemachten Anspruchs hinausgehende, inhaltliche Befassung mit der Sach- und Rechtslage. Dies hat das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) entschieden und das Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes, mit dem sich die Beschwerdeführerin gegen die sofortige Vollziehung einer vorzeitigen Besitzeinweisung wendete, an das Oberverwaltungsgericht zu-

rückverwiesen.

Die Beschwerdeführerin ist Eigentümerin eines unbebauten, bewaldeten Grundstücks, das zwischenzeitlich für den Braunkohletagebau in Anspruch genommen worden ist. Ende 2012 wurde der Beschwerdeführerin das Eigentum an ihrem Grundstück entzogen und zur bergbaulichen Nutzung auf die Betreiberin des Braunkohletagebaus übertragen; über die Klage der Beschwerdeführerin gegen diesen Grundabtretungsbeschluss wurde bislang noch nicht entschieden. Die Betreiberin wurde zudem unter Anordnung der sofortigen Vollziehung vorzeitig in den Besitz des Grundstücks eingewiesen.

Der Antrag der Beschwerdeführerin auf Gewährung vorläufigen

Rechtsschutzes gegen die Anordnung der sofortigen Vollziehung der Besitzeinweisung blieb vor dem Verwaltungsgericht und dem Oberverwaltungsgericht (OVG) erfolglos. Das OVG hatte im Wesentlichen ausgeführt, dass bei einer summarischen Prüfung die Erfolgsaussichten der Klage als offen angesehen werden müssten. Gleichwohl gehe die vor diesem Hintergrund vorzunehmende Interessenabwägung im Ergebnis zulasten der Beschwerdeführerin aus, da eine Stattgabe des Eilantrags voraussichtlich zu einem mehrmonatigen Stillstand des Tagebaus führen würde.

Die hiergegen gerichtete Verfassungsbeschwerde, mit der die Beschwerdeführerin eine Verletzung ihres Grundrechts auf Gewährleistung effektiven Rechtsschutzes geltend gemacht hatte, war erfolgreich.

Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 14.09.2016, 1 BvR 1335/13

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