Weist ein Hotelzimmer bereits bei Anmietung einen Mangel auf, haftet der Vermieter auch ohne Verschulden. Besteht eine Gefahrenquelle in diesem Zimmer, stellt dies einen Mangel dar. Dabei ist es unerheblich, ob technische Normen eingehalten wurden. Entscheidend ist, was nach dem Vertrag geschuldet wurde. Hierauf weist das Amtsgericht (AG) München hin.
Eine Kieferorthopädin übernachtete im Juli 2008 in einem Hotel in München. Als sie am Morgen die Glastüre zur Dusche öffnete, barst diese plötzlich explosionsartig. Durch die herumfliegenden Glassplitter wurde sie im Gesicht und an der rechten Hand verletzt. Auch ihre Brille wurde irreparabel beschädigt. Die Schnittverletzung am rechten Zeigefinger verschlechterte sich. Es entwickelte sich eine rosinengroße Verhärtung am Zeigefinger, die schließlich eine Operation notwendig machte. Es verblieb eine Narbe.
Die Kosten für die Brille in Höhe von 878 Euro sowie ein angemessenes Schmerzensgeld verlangte die Hotelbesucherin anschließend von dem Hotelinhaber ersetzt. Dieser weigerte sich jedoch. Zum einen könne die Geschichte der Besucherin nicht stimmen, da es sich um ein den DIN-Normen entsprechendes Sicherheitsglas gehandelt habe. Außerdem habe er keine Verkehrssicherheitspflicht verletzt.
Die Ärztin erhob daraufhin Klage, wobei sie auch noch festgestellt wissen wollte, dass das Hotel ihr auch den Schaden zu ersetzen habe,
der aus dem Unfall vielleicht noch entstehen könnte. Das AG München gab ihr Recht: Die Beweisaufnahme habe ergeben, dass der Vorgang tatsächlich so abgelaufen sei, wie die Klägerin ihn beschrieben habe. Insbesondere habe ein Sachverständiger mitgeteilt, dass auch ein Sicherheitsglas zerspringen könne. Der Hotelbetreiber hafte daher auch ohne Verschulden, da der Mangel des Zimmers schon bei dessen Anmietung vorhanden gewesen sei. Die Glasscheibe der Dusche habe eine Gefahrenquelle dargestellt. Eine Gefahrenlage sei ein Mangel. Es spiele dabei auch keine Rolle, ob die Einrichtung des Zimmers den technischen Vorgaben entsprochen habe. Der Hotelier schulde die gefahrlose Benutzung der Einrichtungen des Hotelzimmers, nicht die Einhaltung bestimmter Normen. Daher habe er die Kosten für die Wiederbeschaffung der Brille zu ersetzen und 2.000 Euro Schmerzensgeld zu bezahlen. Da die Klägerin als Kieferorthopädin auf funktionsfähige Finger angewiesen sei, die Schnittverletzung sogar operiert werden musste und auch eine Narbe verblieb, sei ein Schmerzensgeld in dieser Höhe angemessen.
Auch der Feststellungsantrag sei begründet. Da angesichts der Verletzungen und der Art der beruflichen Tätigkeit der Klägerin, bei der sie ständig ihre Hände für filigrane Arbeiten benötige, zukünftige Beeinträchtigungen nicht ausgeschlossen seien, sei die Einstandspflicht des Beklagten für zukünftige Schäden festzustellen. Amtsgericht München, Urteil vom 07.09.2011, 111 C 31658/08
Bei einem Tätowiervertrag handelt es sich um einen Werkvertrag. Minderungs- oder Schadenersatzansprüche bei einer fehlerhaften Tätowierung sind daher grundsätzlich nur möglich, wenn die Möglichkeit zur Nachbesserung gegeben wurde. Eine Unzumutbarkeit der Nachbesserung ergibt sich nicht aus dem Umstand, dass erneut ein Eingriff in den Körper stattfinden muss. Dies stellt das Amtsgericht (AG) München klar. Sei die Kundin zum Zeitpunkt der Tätowierung noch minderjährig gewesen, hänge die Wirksamkeit des Vertrages davon ab, ob sie die Kosten aus eigenen Mitteln bestreiten konnte.
Im Juli 2010 ließ sich eine 17-jährige Münchnerin auf die Innenseite eines Handgelenkes ein sogenanntes koptisches Kreuz tätowieren.
Sie bezahlte dafür 50 Euro. Das Geld hatte sie, da sie in einer Eisdiele jobbte und dafür monatlich 200 Euro bekam. Ihren Eltern hatte sie davon nichts gesagt. Nach etwa einer Woche erschien sie wieder im Tätowierstudio und erklärte, die Tätowierung sei schief. Sie wolle, dass sie mittels eines Lasers entfernt werde. Dies lehnte der Betreiber des Studios ab. Das Tattoo sei in Ordnung. Die Kundin habe wohl selbst versucht, die Tätowierung zu entfernen. Es sei nämlich extrem ausgewaschen und mit einer Kruste überzogen. Er sei aber gerne bereit, das Tattoo nachzubessern. Das wollte die Kundin nicht. Sie verlangte stattdessen die Zahlung von 849 Euro, nämlich die Rückzahlung ihrer 50 Euro und die Kosten für eine Laserbehandlung in Höhe von 799 Euro. Weil der Studio-Betreiber nicht zahlen wollte, klagte die Kundin. Das AG München wies die Klage ab. Der Vertrag sei wirksam. Zwar sei die Klägerin zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses noch minderjährig gewesen und der Vertrag sei auch nicht nachträglich von den Eltern genehmigt worden. Sie habe ihn aber mit eigenen Mitteln erfüllen können. Sie verfüge über monatliche Einkünfte in Höhe von 200 Euro. Das Entgelt für die Tätowierung habe sie daher ohne Weiteres bezahlen können.
Schadenersatzansprüche oder auch die Rückzahlung des Entgeltes könne sie nicht verlangen. Bei dem Tätowiervertrag handele es sich um einen Werkvertrag. Voraussetzung für die von der Klägerin geltend gemachten Ansprüche sei daher, dass dem Beklagten eine Möglichkeit zur Nachbesserung gegeben werde. Dem stehe nicht entgegen, dass die Nachbesserung einen neuen Eingriff in den Körper beinhalte. Die Tätowierung habe dem Wunsch der Klägerin entsprochen. Bei der Nachbesserung gehe es gerade darum, diesen Wunsch in der von ihr gewollten Art und Weise auszuführen.
Auch ein Schmerzensgeldanspruch stehe der Klägerin nicht zu. Sie selbst habe in den Eingriff in ihre körperliche Unversehrtheit eingewilligt. Es spiele keine Rolle, dass sie noch minderjährig gewesen sei. Denn hier komme es nicht auf die Geschäftsfähigkeit, sondern auf ihre natürliche Einsichts- und Urteilsfähigkeit an. Anhaltspunkte dafür, dass diese bei ihr, die drei Monate vor der Volljährigkeit gestanden habe und einen, wenn auch kleinen, Job ausübe, nicht gegeben sei, bestünden nicht.
Amtsgericht München, Urteil vom 17.03.2011, 213 C 917/11, rechtskräftig