Das Bundesverfassungsgericht soll prüfen, ob die ab dem Jahr 2008 wesentlich geänderte gewerbesteuerliche Hinzurechnung von Zinsen und Mieten mit dem allgemeinen Gleichheitssatz vereinbar ist. Dies hat das Finanzgericht (FG) Hamburg beschlossen, das die zugrunde liegenden Vorschriften für verfassungswidrig hält.
In dem entschiedenen Verfahren pachtete die Klägerin die für ihren Tankstellenbetrieb wesentlichen Wirtschaftsgüter. Die Pachtzinsen wurden im Rahmen der Einkommen- bzw. Körperschaftsteuer als Betriebsausgaben berücksichtigt und minderten den zu versteuernden Gewinn. Anders verhielt es jedoch bei der Gewerbesteuer, wo Beträge dem Gewinn wieder hinzugerechnet werden, um die Gewerbesteuer zu berechnen.
Das FG hält die Vorschriften des Gewerbesteuergesetzes wegen Verstoßes gegen den allgemeinen Gleichheitssatz für verfassungswidrig. Im Bereich des Steuerrechts fordere der allgemeine Gleichheitssatz eine gleichmäßige Belastung aller Steuerpflichtigen nach ihrer finanziellen Leistungsfähigkeit, die unter Berücksichtigung des Eigentumsgrundrechts zu bestimmen sei. Erwirtschafte der Gewerbetreibende mit seinem Betrieb einen Ertrag und werde dieser besteuert, ohne Aufwendungen – wie etwa im Streitfall die Pachtzinsen – zu berücksichtigen, sei das sogenannte Ist-Leistungsfähigkeitsprinzip verletzt. Zwar könne eine Verletzung dieses Prinzips gerechtfertigt oder auch eine Besteuerung der bloßen Soll-Leistungsfähigkeit bzw. des Eigentumsbestandes möglich sein. Voraussetzung seien jedoch Rechtfertigungsgründe, die dem verfassungsrechtlichen Leistungsfähigkeitsprinzip mindestens gleichrangig seien. Die bisher angenommenen Rechtfertigungsgründe (z.B. Objektsteuercharakter der Gewerbesteuer, Äquivalenzprinzip, Gleichstellung des Fremdkapitaleinsatzes mit dem Eigenkapitaleinsatz) hält das FG jedoch für unzureichend. Gleiches gelte für die gewerbesteuerliche Hinzurechnung von Zinsen. Die 2008 in Kraft getretene Regelung, nach der die Gewerbesteuer selbst keine bei der Gewinnermittlung abziehbare Betriebsausgabe mehr ist, hält das FG hingegen trotz verfassungsrechtlicher Zweifel für anwendbar.
Finanzgericht Hamburg, Beschluss vom 29.02.2012, 1 K 138/10