Seit Einführung der Abgeltungssteuer auf Kapitaleinkünfte im Veranlagungszeitraum 2009 unterliegen die Gewinne aus der Veräußerung von Aktien auch bei einer Beteiligung von unter 1% der Besteuerung (nach § 20 Abs. 2 Nr. 1 EStG). Die damit im Zusammenhang stehenden Fragen zum neuen Rechtsstand waren nicht Gegenstand des Urteils.
Zum Hintergrund: Nach dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts verstoßen rückwirkende steuerliche Regelungen insoweit in unzulässiger Weise gegen das Grundgesetz, als sie den Vertrauensschutz der Steuerzahler unterlaufen (Az. 2 BvR 748/05). Das betrifft Sachverhalte, die bereits vor der Verkündung der Gesetzesänderungen am 31. März 1999 entstanden waren und durch die Neuregelungen ungünstiger besteuert wurden, nämlich die gesunkene Schwelle für die Steuerpflicht beim Verkauf von GmbH-Anteilen außerhalb der Spekulationsfrist. Dabei geht es um den Verkauf von privat gehaltenen Anteilen an Kapitalgesellschaften wie AG und GmbH. Die Veräußerung war bis 2000 nach Ablauf der einjährigen Spekulationsfrist nur dann steuerpflichtig, wenn der Aktionär oder GmbH-Gesellschafter ab 10 Prozent aufwärts am Unternehmen beteiligt war. Diese Schwelle wurde 1999 auf ein Prozent gesenkt und galt auch für den Altbestand. Dies ist verfassungswidrig, soweit es bis zum 31. März 1999 aufgelaufene Wertzuwächse betrifft.
Wer also zwischen 10 und 1 Prozent an der Gesellschaft beteiligt war und seine Anteile ab 1999 verkauft hatte, profitiert nun. Der realisierte Gewinn bleibt insoweit steuerfrei, als er auf Wertzuwächse seit der ehemaligen Anschaffung bis zum 31.3.1999 entfällt. Nachfolgende Preissteigerungen sind hingegen steuerpflichtig. Beim Verkauf ab April 1999 muss nun eine zeitliche Zuordnung in steuerfreie Wertzuwächse bis Ende März 1999 und nachfolgend steuerpflichtige Gewinne erfolgen.
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