Eltern haften für das illegale Filesharing eines 13-jährigen Kindes grundsätzlich nicht, wenn sie das Kind über das Verbot einer rechtswidrigen Teilnahme an Internettauschbörsen belehrt und keine Anhaltspunkte dafür hatten, dass ihr Kind diesem Verbot zuwiderhandelt. Dies hat der Bundesgerichtshof (BGH) entschieden.
Die Klägerinnen sind Tonträgerhersteller und Inhaber ausschließlicher urheberrechtlicher Nutzungsrechte an zahlreichen Musikaufnahmen. Am 28.01.2007 wurden nach den Ermittlungen eines von ihnen beauftragten Unternehmens in einer Internettauschbörse unter einer bestimmten IP-Adresse 1.147 Audiodateien zum kostenlosen Herunterladen angeboten. Die Klägerinnen stellten Strafanzeige gegen Unbekannt und teilten der Staatsanwaltschaft die IP-Adresse mit. Nach der im Ermittlungsverfahren eingeholten Auskunft des Internetproviders war die IP-Adresse zur fraglichen Zeit dem Internetanschluss der Beklagten zugewiesen.
Bei diesen handelt es sich um ein Ehepaar, das den Internetanschluss auch ihrem damals 13 Jahre alten Sohn zur Verfügung gestellt hatte. Dieser verfügte seit seinem zwölften Geburtstag über einen eigenen PC. Bei einer Durchsuchung der Wohnung der Beklagten wurde am 22.08.2007 der PC des Sohnes beschlagnahmt. Auf dem Computer waren die Tauschbörsenprogramme „Morpheus“ und „Bearshare“ installiert; das „Bearshare“-Symbol war auf dem Desktop des PC zu sehen. Nach Einsichtnahme in die Ermittlungsakte der Staatsanwaltschaft ließen die Klägerinnen die Beklagten durch einen Rechtsanwalt abmahnen und zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung auffordern. Die Beklagten gaben die Unterlassungserklärung ab. Sie weigerten sich jedoch, Schadenersatz zu zahlen und die Abmahnkosten zu erstatten.
Die Klägerinnen meinen, die Beklagten seien wegen einer Verletzung ihrer elterlichen Aufsichtspflicht zum Ersatz des Schadens verpflichtet, der durch das unbefugte öffentliche Zugänglichmachen der Musikstücke entstanden sei. Sie nehmen die Beklagten wegen des öffentlichen Zugänglichmachens von 15 Musikaufnahmen auf Zahlung von Schadenersatz in Höhe von 200 Euro je Titel, insgesamt also 3.000 Euro, nebst Zinsen sowie auf Erstattung von Abmahnkosten in Höhe von rund 2.380 Euro in Anspruch. Nachdem die Klage in den ersten beiden Instanzen Erfolg hatte, hat der BGH sie abgewiesen.
Seiner Ansicht nach genügen Eltern ihrer Aufsichtspflicht über ein normal entwickeltes 13-jähriges Kindes, das ihre grundlegenden Gebote und Verbote befolgt, regelmäßig bereits dadurch, dass sie das Kind über das Verbot einer rechtswidrigen Teilnahme an Internettauschbörsen belehren. Eine Verpflichtung der Eltern, die Nutzung des Internet durch das Kind zu überwachen, den Computer des Kindes zu überprüfen oder dem Kind den Zugang zum Internet (teilweise) zu versperren, bestehe grundsätzlich nicht. Zu derartigen Maßnahmen seien Eltern erst verpflichtet, wenn sie konkrete Anhaltspunkte für eine rechtsverletzende Nutzung des Internetanschlusses durch das Kind haben. Bundesgerichtshof, Urteil vom 15.11.2012, I ZR 74/12
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