Eine bereits bestandskräftige Einkommensteuerveranlagung kann zugunsten des Steuerpflichtigen im Rahmen der Günstigerprüfung nach § 32d Absatz 6 Einkommensteuergesetz (EStG) geändert werden, soweit das Finanzamt die Steuer aufgrund nachträglich erklärter Kapitaleinkünfte erhöht hat. Dies hat das Finanzgericht (FG) Münster entschieden.
Das Finanzamt hatte die Einkommensteuer der Kläger zunächst auf null Euro festgesetzt und war damit den Angaben in der Steuererklärung gefolgt. Später erklärten die Kläger Kapitaleinkünfte nach. Um die Anrechnung der 25-prozentigen Kapitalertragsteuer zu erreichen, beantragten sie zugleich die Besteuerung mit dem individuellen Steuersatz im Rahmen der Günstigerprüfung (§ 32d Absatz 6 EStG). Das Finanzamt lehnte die Durchführung einer Günstigerprüfung ab und erließ einen geänderten Einkommensteuerbescheid, in dem es in Bezug auf die nacherklärten Kapitaleinkünfte Kirchensteuer erhob. Hierdurch änderte sich auch die Einkommensteuerfestsetzung und der Solidaritätszuschlag.
Das FG Münster hat der hiergegen gerichteten Klage stattgegeben und die Steuer unter Anwendung des individuellen – unter 25 Prozent liegenden – Steuersatzes der Kläger festgesetzt. Die umstrittene Frage, ob der Antrag auf Durchführung der Günstigerprüfung noch bis zum Ablauf der Festsetzungsverjährung oder lediglich bis zum Eintritt der Bestandskraft gestellt werden könne, ließ das Gericht allerdings offen. Denn die Kläger hätten, so das FG, bereits deshalb einen entsprechenden Anspruch, weil das Finanzamt durch die Erhöhung der Einkommensteuer die Bestandskraft durchbrochen und damit das “Tor” zur Günstigerprüfung nachträglich geöffnet habe. Finanzgericht Münster, Urteil vom 22.03.2013, 4 K 3386/12 E
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