Leistet ein volljähriger Sprössling einen Freiwilligendienst, erhalten seine Eltern weder Kindergeld noch eine steuerliche Förderung. Die gibt es nur, wenn das Kind für einen Beruf ausgebildet wird. Der Freiwilligendienst ist aber grundsätzlich keine Berufsausbildung, so der Bundesfinanzhof in einem am 29.06.2011 veröffentlichten Urteil.
Im zugrunde liegenden Fall nahm die Tochter nach dem Abitur bei einer Ordensgemeinschaft einen Dienst als Missionarin auf Zeit in Kamerun auf. Dort arbeitete sie unentgeltlich in verschiedenen Einrichtungen wie Kindergarten, Internat, Zentrum für außerschulische Aktivitäten und auf der Gesundheitsstation und erhielt freie Unterkunft und Verpflegung. Fahrt- und Flugkosten sowie Versicherungsbeiträge wurden hingegen von der Familie getragen. Anschließend nahm die Tochter ein Lehramtsstudium auf, das sie allerdings bald wieder aufgab und eine Ausbildung zur Gesundheits- und Krankenpflegerin begann. Die Familienkasse hob die Festsetzung des Kindergeldes auf, da ein Dienst als Missionarin auf Zeit nicht als Berufsausbildung anerkannt werden könne.
Dieser Entscheidung stimmten die Richter jetzt zu (Az. III R 11/09). Der Begriff der Berufsausbildung umfasst jede Ausbildung zu einem künftigen Beruf beim Nachwuchs, der seine Berufsziele noch nicht erreicht hat, sich aber ernsthaft und nachhaltig darauf vorbereitet. Hierunter fallen alle Maßnahmen, die dem Erwerb von Kenntnissen, Fähigkeiten und Erfahrungen dienen, die als Grundlage für die Ausübung des angestrebten Berufs geeignet sind. Maßgebend für die weite Auslegung ist die Erwägung, dass die steuerliche Leistungsfähigkeit der Eltern auch dann gemindert ist, wenn sich ihr Kind unabhängig von vorgeschriebenen Ausbildungsgängen in der Lernphase befindet und von ihnen unterhalten wird, so die Erläuterungen vom Bundesfinanzhof.
Freiwilligendienste, wie der als Missionarin auf Zeit, sind jedoch grundsätzlich keine Berufsausbildung im Anschluss an das Abitur. Diese dienen in der Regel nämlich nicht der Vorbereitung auf einen konkret angestrebten Beruf, sondern vielmehr der Erlangung sozialer Erfahrungen und der Stärkung des Verantwortungsbewusstseins für das Gemeinwohl. Daher fehlt es am benötigten hinreichenden Zusammenhang zwischen dem Freiwilligendienst und einem konkret angestrebten Beruf. Zwar kann hierfür die mit einem Auslandsaufenthalt verbundene Verbesserung von Sprachkenntnissen genügen. Für die Annahme einer begünstigten Berufsausbildung muss jedoch der Aufenthalt von einem theoretisch-systematischen Sprachunterricht mit fester Stundenzahl begleitet werden und diese Maßnahme mit Rücksicht auf ihren Umfang den Schluss rechtfertigen, dass eine hinreichend gründliche Sprachausbildung für einen zukünftigen Beruf vorliegt. Dies erfolgt aber beim Freiwilligendienst gerade regelmäßig nicht. Darüber hinaus ist verfassungsrechtlich nicht zwingend geboten, dass der Gesetzgeber das Existenzminimum eines Kindes frei stellt, das einen Freiwilligendienst leistet.
ConTax Muschlin & Partner
Ihr Steuerberater in Rostock