Der Inhaber einer privaten Krankenversicherung ist verpflichtet, die bei der Versicherung einzureichende Rechnung danach zu überprüfen, ob tatsächlich die vorgenommene Behandlung darin abgerechnet ist. Hat er auch nur leicht fahrlässig nicht bemerkt, dass in der Rechnung des Arztes Behandlungen abgerechnet sind, die tatsächlich nicht erbracht wurden, kann die Versicherung die Erstattungsleistungen dafür von ihm zurückverlangen.
Eine privat versicherte Münchnerin erhielt im Jahr 2003 eine Bioresonanztherapie bei einem Arzt für bioenergetische Medizin und Naturheilverfahren in der Innenstadt von München. In der Rechnung wurden vom Arzt u.a. eine „Akkupunkturbehandlung“ und eine „Infiltrations-
behandlung“ abgerechnet, obwohl er diese Behandlungen tatsächlich nicht vorgenommen hatte. Die Patientin reichte die Arztrechnung bei ihrer Privatversicherung ein. Die Behandlungskosten wurden der Patientin von ihrer Krankenversicherung erstattet. Nachdem die Krankenversicherung im April 2012 davon Kenntnis erlangt hat, dass die von ihr erstatteten Leistungen nicht erbracht worden waren, forderte sie den Erstattungsbetrag von der Patientin zurück.
Die Versicherungsnehmerin weigerte sich, das Geld zurückzuzahlen, da sie nicht bemerkt habe, dass in der Rechnung andere Positionen aufgeführt waren als die tatsächlich vorgenommenen Leistungen. Für einen medizinischen Laien sei es nicht nachvollziehbar, ob tatsächlich eine Akkupunkturbehandlung oder eine Bioresonanztherapie durchgeführt wurde.
Die zuständige Richterin gab nun der Versicherung Recht: Die Patientin muss den von ihrer Versicherung erstatteten Betrag zurückzahlen und bleibt auf den Kosten der Bioresonanztherapie sitzen. Für den Versicherungsnehmer einer privaten Krankenversicherung besteht zumindest die nebenvertragliche Pflicht, die von ihm bei seinem Versicherer eingereichte Rechnung darauf zu prüfen, ob die darin aufgeführten Leistungen auch tatsächlich durchgeführt wurden. Die Rechnung ist auf ihre Plausibilität zu prüfen und die Versicherung muss auf etwaige Ungereimtheiten hingewiesen werden. Dem Versicherungsunternehmen ist es naturgemäß nicht möglich, selbst Einblick in die tatsächlich durchgeführten Behandlungen zu nehmen.
Das Urteil ist rechtskräftig.
Amtsgericht München, Pressemitteilung vom 24.2.2014 zu Urteil vom
4.7.2013, Az. 282 C 28161/12
Der Kläger macht gegen die Beklagte Schadensersatz wegen eines Überspannungsschadens geltend. Die Beklagte ist Betreiberin eines kommunalen Stromnetzes und stellt dieses den Stromproduzenten (Einspeisern) und Abnehmern zur Verfügung. Dazu nimmt sie auch Transformationen auf eine andere Spannungsebene (Niederspannung ca. 230 Volt) vor.
Nach einer Störung der Stromversorgung in dem Wohnviertel des Klägers trat nach einem Stromausfall in seinem Hausnetz eine Überspannung auf, durch die mehrere Elektrogeräte und die Heizung beschädigt wurden. Die Ursache für die Überspannung lag in der Unterbrechung von zwei sogenannten PEN-Leitern (PEN = protective earth neutral) in der Nähe des Hauses des Klägers, über die sein Haus mit der Erdungsanlage verbunden war.
Das Amtsgericht hat die auf Ersatz des entstandenen Schadens gerichtete Klage abgewiesen. Auf die Berufung des Klägers hat das Landgericht der Klage abzüglich der Selbstbeteiligung von 500 Euro gemäß § 11 des Produkthaftungsgesetzes (ProdHaftG) stattgegeben. Der unter anderem für Rechtsstreitigkeiten über Ansprüche aus dem Produkthaftungsgesetz zuständige VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat die vom Landgericht zugelassene Revision der Beklagten zurückgewiesen. Die Beklagte haftet aufgrund der verschuldensunabhängigen (Gefährdungs-) Haftung nach § 1 Abs. 1 ProdHaftG. Gemäß § 2 ProdHaftG ist neben beweglichen Sachen auch Elektrizität ein Produkt im Sinne dieses Gesetzes. Die Elektrizität wies aufgrund der Überspannung einen Fehler gemäß § 3 Abs. 1 ProdHaftG auf, der die Schäden an den Elektrogeräten und der Heizung, also an üblichen Verbrauchsgeräten des Klägers, verursacht hat. Mit solchen übermäßigen Spannungsschwankungen muss der Abnehmer nicht rechnen. Die beklagte Netzbetreiberin ist gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 ProdHaftG auch als Herstellerin des fehlerhaften Produkts Elektrizität anzusehen. Dies ergibt sich daraus, dass sie Transformationen auf eine andere Spannungsebene, nämlich die sogenannte Niederspannung für die Netzanschlüsse von Letztverbrauchern, vornimmt. In diesem Fall wird die Eigenschaft des Produkts Elektrizität durch den Betreiber des Stromnetzes in entscheidender Weise verändert, weil es nur nach der Transformation für den Letztverbraucher mit den üblichen Verbrauchsgeräten nutzbar ist. Ein Fehler des Produkts lag auch zu dem Zeitpunkt vor, als es in den Verkehr gebracht wurde (§ 1 Abs. 2 Nr. 2 ProdHaftG), weil ein Inverkehrbringen des Produkts Elektrizität erst mit der Lieferung des Netzbetreibers über den Netzanschluss an den Anschlussnutzer erfolgt.
BGH, Pressemitteilung Nr. 33/2014 zu Urteil vom 25.2.2014, Az. VI ZR
144/13E