Prozessunterlagen müssen sehbehinderten oder blinden Menschen nicht in Blindenschrift zugänglich gemacht werden, wenn sie durch einen Rechtsanwalt vertreten sind und die Vermittlung der Unterlagen durch diesen gleichwertig ist. Dies hat das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) entschieden und die Verfassungsbeschwerde eines sehbehinderten Mannes nicht zur Entscheidung angenommen. Der Beschwerdeführer hatte in einem zivilgerichtlichen Berufungsverfahren beantragt, die Prozessunterlagen auch in Blindenschrift zu erhalten. Das Landgericht hatte den Antrag zurückgewiesen. Die zugelassene Rechtsbeschwerde war auch vor dem Bundesgerichtshof ohne Erfolg geblieben. Dies nahm der Beschwerdeführer zum Anlass, das BVerfG anzurufen. Allerdings blieb er auch hier ohne Erfolg.
Das BVerfG gestand dem Beschwerdeführer zwar zu, dass aus dem Benachteiligungsverbot des Artikel 3 Absatz 3 Satz 2 des Grundgesetzes der Auftrag folge, Menschen mit Behinderung so zu stellen, dass ihnen gleichberechtigte Teilhabe wie Menschen ohne Behinderung ermöglicht wird. Eine anwaltlich vertretene Person könne bei übersichtlichem Streitstoff grundsätzlich auf die Kenntnisvermittlung durch ihren Rechtsanwalt verwiesen werden.
Die Fürsorgepflicht des Gerichts erfordere es aber, die Prozessunterlagen gleichwohl in Blindenschrift zugänglich zu machen, wenn Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass die Vermittlung durch den Rechtsanwalt nicht gleichwertig mit der unmittelbaren Kenntnis ist. Anhaltspunkte für eine nur unzureichende Kenntnisvermittlung durch seinen Prozessbevollmächtigten seien im vorliegenden Fall aber weder ersichtlich gewesen noch vom Beschwerdeführer dargelegt worden. Sein allgemeiner Hinweis, dass er nicht die gleiche Möglichkeit gehabt habe, die Tätigkeit seines Bevollmächtigten zu überwachen, genügte dem BVerfG insoweit nicht.
Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 10.10.2014, 1 BvR 856/13