Schläft ein Richter während der mündlichen Verhandlung und folgt er deshalb wesentlichen Vorgängen nicht, so ist das Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt und es liegt ein Verfahrensfehler vor. Dass diese Voraussetzungen vorliegen, kann nach einer Entscheidung des Bundesfinanzhofes (BFH) im Allgemeinen jedoch erst dann angenommen werden, „wenn sichere Anzeichen für das Schlafen wie beispielsweise tiefes, hörbares und gleichmäßiges Atmen oder gar Schnarchen oder eindeutige Anzeichen von fehlender Orientierung gerügt werden“. Denn ein Richter könne dem Vortrag während der mündlichen Verhandlung auch mit (vorübergehend) geschlossenen Augen und geneigtem Kopf folgen, erläutert der BFH. Deshalb müsse derjenige, der sich darauf beruft, ein Gericht sei wegen eines in der mündlichen Verhandlung eingeschlafenen Richters nicht ordnungsgemäß besetzt gewesen, konkrete Tatsachen vortragen, die eine Konzentration des Richters auf wesentliche Vorgänge in der mündlichen Verhandlung ausschließen.
Hierfür genüge nicht das Vorbringen, ein Richter habe während mündlichen Verhandlung etwa vier Minuten die Augen bei zur Seite geneigtem Kopf geschlossen gehalten und teilnahmslos gewirkt, entschied der BFH. Der betroffene Richter habe dazu erklärt, manchmal kurz die Augen zu schließen, wenn er eine Sache überdenke. Hinzu komme, dass während der mündlichen Verhandlung weder der Prozessbevollmächtigte der Kläger noch der Vertreter des Finanzamts einen Anlass gesehen hätten, den Vorsitzenden auf den (angeblich) schlafenden Richter hinzuweisen. Die Kläger hätten ihre Einwände vielmehr erst zwei Tage nach der mündlichen Verhandlung und Urteilsverkündung erhoben.
Bundesfinanzhof, Beschluss vom 17.02.2011, IV B 108/09
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