Ein Teilnehmer an einem Fahrsicherheitstraining kann nach einem Unfall auch dann Schadenersatz erhalten, wenn er zuvor erklärt hat, dass er auf eigene Gefahr an dem Training teilnimmt. Dies hat das Oberlandesgericht (OLG) Koblenz klargestellt und einem Motorradfahrer, der im August 2008 anlässlich eines sogenannten instructor-geführten Fahrertrainings auf dem Nürburgring einen Unfall erlitten hatte, Schadenersatz in Höhe von rund 4.000 Euro und Schmerzensgeld in Höhe von 3.000 Euro zugesprochen. Der Unfall war nach der Überzeugung des OLG von einem anderen Teilnehmer verschuldet worden. Der Kläger hatte vor dem Training die Teilnahmebedingungen des Veranstalters unterzeichnet, nach der die Teilnahme an dem Training auf eigene Gefahr erfolgen sollte und Schadenersatzansprüche an den Veranstalter ausgeschlossen waren. Der Teilnehmer sollte für Personen- und Sachschäden Dritter haften, wenn er diese durch Vorsatz oder grobe Fahrlässigkeit verursacht.
Das Landgericht (LG) Koblenz hatte die Klage abgewiesen, weil es von einer ausdrücklichen Haftungsbeschränkung der Teilnehmer untereinander auf vorsätzliches oder grob fahrlässiges Verhalten ausgegangen war. Der andere Motorradfahrer habe den Unfall allenfalls leicht fahrlässig verursacht. Zudem sei die Haftung auch stillschweigend ausge-
schlossen worden. Denn es habe kein Versicherungsschutz bestanden, da die Teilnehmer zuvor alle gefährlichen Teile an ihren Motorrädern abgeklebt hätten und somit die Betriebserlaubnis erloschen sei. Auf die Berufung des Klägers hat das OLG nun das Urteil des LG abgeändert und der Klage überwiegend entsprochen. Das OLG meint, dass zwischen den Teilnehmern weder ein stillschweigender noch ein ausdrücklicher Haftungsausschluss angenommen werden könne.
Für einen stillschweigenden Haftungsausschluss lägen die Voraussetzungen nicht vor. Es habe sich nicht um eine Rennveranstaltung gehandelt, bei denen mit einem Haftungsausschluss gerechnet werden müsse, sondern um ein Fahrsicherheitstraining. Nicht die Erzielung von Höchstgeschwindigkeiten, sondern die Verbesserung des Fahrverhaltens habe also im Vordergrund gestanden. Das Abkleben gefährlicher Teile sei nur vorübergehend erfolgt und führe daher auch nicht zu einem Erlöschen des Versicherungsschutzes.
Auch eine ausdrückliche Haftungsbeschränkung aus den Teilnahmebedingungen des Veranstalters schloss das OLG aus. In den Teilnahmebedingungen sei die Haftung der Teilnehmer untereinander nicht eindeutig ausgeschlossen oder beschränkt worden. Die Teilnahmebedingungen regelten die Beziehung zwischen Veranstalter und Teilnehmer, nicht die Haftung der Teilnehmer untereinander. Der Kläger habe somit durch seine Unterschrift nicht pauschal auf alle Ansprüche gegen andere Teilnehmer für den Fall eines Unfalls verzichtet.
Die Beweisaufnahme vor dem OLG habe ergeben, dass der beklagte Motorradfahrer den Unfall verursacht habe. Zeugen hätten bestätigt, dass der Kläger den Beklagten überholt habe und der Beklagte im Bereich einer Linkskurve gegen das Hinterrad des Motorrads des Klägers gefahren sei. Der Beklagte habe seine Fahrweise nicht den örtlichen Gegebenheiten angepasst. Zwar gelte die Straßenverkehrsordnung nicht, da der Nürburgring nicht für den öffentlichen Verkehr geöffnet ist. Dennoch seien die Fahrer einander zur verkehrsüblichen Sorgfalt verpflichtet. Dagegen habe der Beklagte verstoßen, als er in die Fahrlinie des Klägers hinein gefahren sei.
Oberlandesgericht Koblenz, Urteil vom 14.03.2011, 12 U 1529/09