Behinderte Verkehrsteilnehmer können nicht verlangen, dass jede Straße an jeder Stelle auch für sie sicher befahrbar ist. Ein behinderter Fahrradfahrer hatte auf Schadenersatz und Schmerzensgeld geklagt, weil er durch ein Schlagloch mit seinem Fahrrad zu Fall gekommen war. Beklagt war die Stadt als zuständiger Straßenbaulastträger. Unfallort war eine ca. 2 Meter breite Stelle auf der Straße, an der der Asphalt etwa 2 bis 5 cm tiefe Löcher aufwies. Das Landgericht hatte bei einem Mitverschulden des Klägers von 50 % noch eine Verletzung der Verkehrssicherungspflicht der Stadt angenommen. Seiner Ansicht nach war die Straße in diesem Bereich für behinderte Fahrradfahrer nicht sicher zu befahren.
Das OLG wies in der Berufung der beklagten Stadt die Klage insgesamt ab. Die Verpflichtung des Straßenbaulastträgers, behinderte Verkehrsteilnehmer mit dem Ziel einer möglichst weitgehenden Barrierefreiheit zu berücksichtigen, sei eine zu konkretisierende Planungsvorgabe. Sie führe nicht automatisch dazu, dass jede Straße unabhängig von
ihrer jeweiligen Bedeutung auch für solche in ihrer Mobilität beeinträchtigten Personen jederzeit sicher befahrbar sein müsse. Schon aus finanziellen Gründen sei die Stadt hier überfordert.
Der Umfang der Verkehrssicherungspflicht ergebe sich aus dem von durchschnittlichen Benutzern vernünftigerweise erwartbaren Sicherheitsvorkehrungen. Die Straßenverhältnisse im entschiedenen Fall waren jedoch insbesondere auch am konkreten Unfallort selbst so beschaffen, dass sie für einen umsichtigen Fahrradfahrer sicher zu meistern gewesen seien.
Bemerkenswert: Das Gericht bezog sich nicht auf die Beeinträchtigung des klagenden Verkehrsteilnehmers, sondern es zog als Maßstab die fingierte Erwartungshaltung eines durchschnittlichen Benutzers heran. OLG Hamm, Urteil vom 23.7.2014, 11 U 107/13
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