Wer auf den Standstreifen rauscht, trägt allein die Schuld

Großhandel und Fachgeschäfte sind ab sofort verpflichtet, Elektro- und Elektronik-Altgeräte beim Neukauf eines gleichwertigen Geräts kostenfrei zurückzunehmen. Denn seit dem 24.10.2015 ist das neue Elektro- und Elektronikgerätegesetz in Kraft, das die Rückgabe alter Elektro- und Elektronikgeräte entsprechend vereinfacht. Ziel ist eine umweltgerechte und ressourcenschonende Entsorgung der Altgeräte, wie die Bundesregierung mitteilt.

Denn in alten Elektrogeräten steckten eine Menge Stoffe, die als wertvoller Rohstoff wiederverwertet können. In einigen Teilen seien zudem Stoffe verbaut, die der Umwelt schaden. Auch deshalb sollten kaputte Elektronikgeräte nicht im Hausmüll landen.

Als „große“ Händler, die von der Rücknahmepflicht betroffen sind, gelten laut Bundesregierung Geschäfte mit mehr als 400 Quadratmetern Verkaufsfläche. „Kleine“ Händler seien von der Regelung ausgenommen. Kleine Altgeräte, bei denen keine Kante länger sein darf als 25 Zentimeter, müssten die großen Händler auch dann zurücknehmen, wenn ein Kunde kein neues Gerät kauft. Auch Online-Händler seien verpflichtet, Geräte zurückzunehmen. Unberührt hiervon bestehe auch weiterhin die Möglichkeit, Elektro-Altgeräte bei Recyclinghöfen abzugeben.

Mit dem Gesetz soll laut Bundesregierung zudem der illegale Export von Altgeräten ins Ausland eingedämmt werden. Es stärke deswegen den Zoll dabei, den illegalen Transfer von Altgeräten in ärmere Länder zu unterbinden. Denn dort landeten die Elektrogeräte häufig auf gefährlichen Deponien, erläutert die Regierung. Bundesregierung, PM vom 26.10.2015

Banken müssen ihren Kunden, die den Verlust ihrer EC-Karte melden, kostenlos eine neue Ersatzkarte ausstellen. Dies zeigt ein Urteil des Bundesgerichtshofes (BGH), wonach eine Entgeltklausel für die Ausstellung einer Ersatzkarte in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) einer Bank unwirksam ist. Damit war die Klage eines Verbraucherschutzverbandes erfolgreich.

Die beklagte Bank verwendet in ihrem Preis- und Leistungsverzeichnis in Bezug auf Zahlungsverkehrskarten eine Klausel, wonach das Entgelt für eine „Ersatzkarte auf Wunsch des Kunden (Entgelt für Ausstellung der Karte)“ 15 Euro beträgt und dieses Entgelt „nur zu entrichten [ist], wenn die Notwendigkeit der Ausstellung der Ersatzkarte ihre Ursache nicht im Verantwortungsbereich der Bank hat.“

Die gegen die Klausel gerichtete Unterlassungsklage des Verbraucherschutzverbandes war in den ersten beiden Instanzen erfolglos. Erst der BGH gab ihr statt. Er stützt sich auf § 307 Absatz 3 Satz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB), wonach unter anderem solche AGB der Inhaltskontrolle unterliegen, durch die von Rechtsvorschriften abweichende Regelungen vereinbart werden. Das treffe auf die beanstandete Klausel zu. Die Auslegung der umfassend formulierten Regelung – die sich ihrem eindeutigen Wortlaut nach auf sämtliche Fälle bezieht, in denen der Kunde bei der Beklagten wegen der Ausstellung einer Ersatzkarte vorstellig wird – ergibt laut BGH, dass die Bank hiernach auch dann die Zahlung des Entgelts in Höhe von 15 Euro verlangen kann, wenn die Ausgabe der Ersatzkarte wegen der vereinbarungsgemäß erfolgten Sperrung der Erst- beziehungsweise Originalkarte nach § 675k Absatz 2 BGB notwendig geworden ist, deren Verlust oder Diebstahl – als nicht in den Verantwortungsbereich der Beklagten fallende Vorgänge – der Kunde gemäß § 675l Satz 2 BGB angezeigt hat. Mit der Bepreisung einer vom Kunden in diesen Fällen begehrten Ersatzkarte weiche die Beklagte von § 675k Absatz 2 Satz 5 BGB ab. Nach dieser Vorschrift treffe den Zahlungsdienstleister (Bank) nach der Sperrung der Erstkarte und Wegfall der Sperrgründe die gesetzliche Nebenpflicht, dem Kunden ein neues Zahlungsauthentifizierungsinstrument (Zahlungskarte) auszustellen, wenn – wie im Fall des Abhandenkommens oder des Diebstahls der Erstkarte – die bloße Entsperrung nicht in Betracht kommt. Für die Erfüllung dieser gesetzlichen Nebenpflicht könne der Zahlungsdienstleister mangels gesetzlicher Anordnung im Sinne von § 675f Absatz 4 Satz 2 BGB kein Entgelt verlangen. Für eine Differenzierung nach „Verantwortungsbereichen“, wie die Beklagte sie mit der streitigen Klausel vornimmt, biete § 675k Absatz 2 Satz 5 BGB keine Grundlage, so der BGH.

Außerdem wälze die Beklagte mittels der beanstandeten Klausel Aufwand zur Erfüllung eigener Pflichten auf ihre Kunden ab. Gemäß § 675l Satz 2 BGB habe der Zahler (Kunde) dem Zahlungsdienstleister

oder einer von diesem benannten Stelle den Verlust, den Diebstahl, die missbräuchliche Verwendung oder die sonstige nicht autorisierte Nutzung eines Zahlungsauthentifizierungsinstruments unverzüglich anzuzeigen, nachdem er hiervon Kenntnis erlangt hat. Der Zahlungsdienstleister sei gemäß § 675m Absatz 1 Satz 1 Nr. 4 BGB verpflichtet, jede Nutzung des Zahlungsauthentifizierungsinstruments zu verhindern, sobald eine Anzeige nach § 675l Satz 2 BGB erfolgt ist. Das könne im Fall einer Zahlungskarte nur durch deren Sperrung erreicht werden. Die danach erforderliche Ausgabe einer Ersatzkarte sei zumindest in den Fällen des Verlusts oder Diebstahls der Erstkarte zwangsläufige Folge der Erfüllung dieser Pflicht.

Die vom Kläger beanstandete Klausel sei aber nicht nur kontrollfähig, sondern auch unwirksam. AGB, die zum Nachteil des Kunden gegen (halb-)zwingendes Recht verstoßen, benachteiligten ihn zugleich mit der Folge ihrer Unwirksamkeit unangemessen. Von den Vorgaben des § 675f Absatz 4 Satz 2 BGB dürfe von Gesetzes wegen nicht zum Nachteil eines Verbrauchers als Zahlungsdienstnutzers abgewichen werden, betont der BGH abschließend.

Bundesgerichtshof, Urteil vom 20.10.2015, XI ZR 166/14

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