Zuschläge zur Hinterbliebenenrente: Auch für eingetragene Lebenspartner

Eingetragene Lebenspartner haben wie Ehepartner Ansprüche auf Zuschläge zur Hinterbliebenenrente. Dies hat das Sozialgericht (SG) Braunschweig entschieden.

Der 1955 geborene Kläger begründete im August 2008 eine Lebenspartnerschaft nach dem Lebenspartnerschaftsgesetz mit einem Landwirt. Der inzwischen verstorbene Lebenspartner des Klägers bezog von der Beklagten seit 1999 eine Altersrente einschließlich eines sogenannten Zuschlages bei Zugangsrenten nach § 97 des Gesetzes über die Alterssicherung der Landwirte (ALG). Im Juli 2010 beantragte der Kläger bei der Beklagten die Gewährung einer Hinterbliebenenrente. Die Beklagte gewährte ihm zwar eine Hinterbliebenenrente nach § 14 ALG (Witwerrente). Die Gewährung der Rentenzuschläge nach § 97 ALG lehnte sie aber ab. Zur Begründung verwies sie auf die Entstehungsgeschichte der Norm. Es handele sich dabei um eine Übergangsvorschrift, mit der Rechtspositionen gesichert werden sollten, die versicherte Landwirte bereits vor Inkrafttreten des Gesetzes im Jahr 1995 erworben hätten. Ein Anspruch auf Gleichstellung bestehe erst seit Inkrafttreten des Lebenspartnergesetzes am 01.08.2001, sodass der Kläger keinen Vertrauensschutz genieße.

Gegen die ablehnende Entscheidung der Sozialversicherung zog der Kläger erfolgreich vor Gericht. Das SG Braunschweig verurteilte die Beklagte, ihm die Zuschläge zu gewähren. Die anspruchsbegründende Vorschrift des § 97 ALG sei auf den Kläger anwendbar. Dies ergebe sich aus einer verfassungsgemäßen Auslegung der Norm. Es sei unstreitig, dass ein Ehegatte in derselben Position des Klägers eine Rente mit Berücksichtigung der Zuschläge erhalten würde. Dann aber habe auch der Kläger diesen Anspruch. Die Ungleichbehandlung des hinterbliebenen Lebenspartners und des hinterbliebenen Ehegatten verstoße gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz des Grundgesetzes. Das SG legte daher die anspruchsbegründende Vorschrift verfassungskonform aus. Eine solche Auslegung entspreche dem Willen des Gesetzgebers. Dieser habe durch die Regelungen des § 14 a ALG und später § 1a ALG zu erkennen gegeben, dass eine Gleichstellung von Lebenspartnern und Ehegatten gewünscht ist. Dass der Gesetzgeber dabei Übergangsrechtsfälle wie den vorliegenden ausscheiden wollte, ergebe sich weder aus der Gesetzesbegründung noch aus dem Wortlaut der Norm. Sozialgericht Braunschweig, Urteil vom 15.07.2013, S 5 LW 4/10, nicht rechtskräftig

Der Witwe eines mit nur 51 Jahren an Krebs verstorbenen Polizeibeamten, den sie rund fünf Monate vor seinem Tod geheiratet hatte, steht ein Anspruch auf beamtenrechtliche Versorgung (Witwengeld) zu. Das Oberverwaltungsgericht (OVG) Rheinland-Pfalz hat entschieden, dass es sich trotz der kurzen Ehezeit nicht um eine „Versorgungsehe“ handelte.

Nach dem Tod ihres Mannes hatte das beklagte Land den Antrag der Witwe auf Witwenversorgung mit der Begründung abgelehnt, hier habe eine sogenannte Versorgungsehe vorgelegen. Nach den einschlägigen gesetzlichen Vorgaben muss die Ehe mit einem verstorbenen Beamten mindestens ein Jahr bestanden haben, um einen Versorgungsanspruch des überlebenden Ehepartners auszulösen. Das gilt allerdings nicht, wenn nach den besonderen Umständen des Falles angenommen werden kann, dass es nicht der alleinige oder überwiegende Zweck der Heirat war, dem überlebenden Ehepartner eine Versorgung zu verschaffen. Diese – gesetzlich so formulierte – Ausnahme machte die Klägerin für sich geltend. Das Verwaltungsgericht folgte dem nicht und wies ihre Klage ab. Das OVG gab ihr hingegen im Berufungsverfahren statt.

Die gesetzliche Vermutung, wonach eine Ehe, die weniger als ein Jahr gedauert hat, als eine „Versorgungsehe“ anzusehen sei, habe die Klägerin widerlegt. Zwar greife diese Vermutung regelmäßig, wenn die Heirat – wie hier – in Kenntnis einer schweren Erkrankung sowie der deshalb eingeschränkten Lebenserwartung eines Ehepartners geschlossen werde. Die Klägerin habe aber glaubhaft geschildert, dass der Heiratsentschluss bereits vor Bekanntwerden der lebensbedrohlichen Erkrankung gefasst worden sei. Ihre Angaben seien nach einer

vom Gericht durchgeführten Beweisaufnahme auch von mehreren Zeugen bestätigt worden. Der Umstand, dass die Hochzeit nur wenige Tage nach der Diagnose eines bösartigen Hirntumors stattgefunden habe, spreche demgegenüber nicht entscheidend für die Annahme einer „Versorgungsehe“, so das OVG. Hierzu habe die Klägerin ebenfalls nachvollziehbar erklärt, ihr Ehemann habe befürchtet, nach der Chemotherapie und den damit verbundenen Begleiterscheinungen nicht die Kraft für eine Hochzeitsfeier zu haben.

Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz, Urteil vom 29.10.2013, 2 A 11261/12.OVG

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat zu dem ab 2009 geltenden Erbschaftsteuergesetz entschieden, dass die Vollziehung eines Erbschaftsteuerbescheids wegen des beim Bundesverfassungsgericht (BVerfG) anhängigen Normenkontrollverfahrens (1 BvL 21/12) auf Antrag des Steuerpflichtigen auszusetzen oder aufzuheben ist, wenn dieser ein berechtigtes Interesse an der Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes hat. Ein berechtigtes Interesse liegt laut BFH vor, wenn der Steuerpflichtige mangels Erwerbs liquider Mittel zur Entrichtung der festgesetzten Erbschaftsteuer eigenes Vermögen einsetzen oder die erworbenen Vermögensgegenstände veräußern oder belasten muss.

Weiter führt der BFH aus, dass er nicht mehr an seiner Rechtsprechung festhält, nach der eine Aussetzung beziehungsweise Aufhebung der Vollziehung eines Steuerbescheids ausscheidet, wenn zu erwarten ist, dass das BVerfG lediglich die Unvereinbarkeit eines Gesetzes mit dem Grundgesetz (GG) aussprechen und dem Gesetzgeber eine Nachbesserungspflicht für die Zukunft aufgeben wird.

Die Antragstellerin ist die geschiedene Ehefrau des im September 2011 verstorbenen Erblassers. Aufgrund eines Vermächtnisses des Erblassers erhält sie auf Lebenszeit eine monatliche Rente von 2.700 Euro. Die hierfür anfallende Erbschaftsteuer in Höhe von 71.000 Euro entrichtete die Antragstellerin Ende 2012. Finanzamt und  Finanzgericht lehnten es ab, die Vollziehung des Erbschaftsteuerbescheids aufzuheben und die Erbschaftsteuer vorläufig an die Antragstellerin zu erstatten.

Der BFH hat die Vollziehung des Erbschaftsteuerbescheids mit Wirkung ab Fälligkeit der Erbschaftsteuer aufgehoben, bis das BVerfG in dem Verfahren 1 BvL 21/12 entschieden hat. Maßgebend hierfür war laut BFH, dass der BFH die als verfassungswidrig angesehene Vorschrift bereits dem BVerfG zur Prüfung der Verfassungsmäßigkeit vorgelegt hat und im Streitfall ein berechtigtes Interesse an der Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes besteht. Könne ein Erwerber die Erbschaftsteuer nicht beziehungsweise nicht ohne weitere, gegebenenfalls auch verlustbringende Dispositionen aus dem Erwerb begleichen, sei ihm wegen des anhängigen Normenkontrollverfahrens nicht zuzumuten, sie vorläufig zu entrichten. Gehörten dagegen zu dem der Erbschaftsteuer unterliegenden Erwerb auch verfügbare Zahlungsmittel, die zur Entrichtung der Erbschaftsteuer eingesetzt werden könnten, fehle regelmäßig ein vorrangiges Interesse des Steuerpflichtigen an der Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes.

Vorläufiger Rechtsschutz ist nach Ansicht des BFH unabhängig davon zu gewähren, welche Entscheidung vom BVerfG zur Verfassungsmäßigkeit der vorgelegten Norm zu erwarten ist. Sei ein qualifiziertes Interesse des Steuerpflichtigen an der Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes vorhanden, müsse es im Hinblick auf die Rechtsschutzgarantie des GG auch effektiv durchsetzbar sein und dürfe nicht deshalb leerlaufen, weil das BVerfG in einem Normenkontrollverfahren möglicherweise eine Weitergeltung verfassungswidriger Normen für einen bestimmten Zeitraum anordnet.

Bundesfinanzhof, Beschluss vom 21.11.2013, II B 46/13